Freitag, 21. Dezember 2012

Hörst du mich Josef?



Von Felix Huber

„Hörst du mich Josef? Josef Ackermann? Ich schwöre dir, Baby, wie kriegen dich noch dran! Wir legen dich in Ketten und stecken dich ins Verließ. Wir schlagen deinen Kopf ab und stecken ihn auf einen Spieß, dass alle können sehen, so geht es denen, die sich ihrer Macht zu sicher wähnen.“
- Marc-Uwe Kling, im Lied „Hörst du mich Josef?“

Da ist er endlich, der große Skandal bei der Deutschen Bank! Sind wir mal ehrlich, wir haben es doch alle gewusst, oder? Dieses große deutsche Geldhaus im Herzen Frankfurts war uns doch allen suspekt. Da konnte doch nicht alles mit rechten Dingen zu gehen, oder? Und dann auch noch dieser schmierige Oberbankierschef an der Spitze, der sich eine Geburtstagsfeier von der Kanzlerin im Kanzleramt schmeißen lässt und niemals müde wird den weiteren Abbau des Sozialstaates vom Turm seiner gestapelten Millionengage aus zu fordern. Dieser Josef Ackermann, haben wir nicht alle darauf gewartet bis wir ihm, sicher nicht so extrem wie Marc-Uwe Kling es vor hat, endlich an den Kragen können? Ihm irgendwas anhängen? Endlich ist es soweit! Die Deutsche Bank hat allen Anschein nach Steuern hinterzogen. Aber halt, hat dieser Josef Ackermann nicht zum Anfang des Jahres bei der Deutschen Bank abgedankt? Und wer ist überhaupt dieser Fitschen bei dem die Razzia war? Teil der neuen Doppelspitze? Soll das etwa heißen, wir können unserem Josef nicht an den Kragen?
Glaubt man der allgemeinen Berichterstattung über die Deutsche Bank in diesen Tagen, könnte man das glaube. Mir persönlich ist das schlicht zu kurz gegriffen. Es ist zwar klar, dass zu gegebener Zeit die gegebene Chefetage belangt wird und zu dieser gehört unser Josef Ackermann nun eben nicht mehr. Aber trotzdem bleibt doch die Frage, wie viel Ackermann steckt noch in der Deutschen Bank? Zwar sind die beiden Nachfolger, Jürgen Fitschen und Anshu Jain, mit dem ambitionierten Ziel gestartet die Deutsche Bank wieder auf ihr Kerngeschäft zu lenken und das risikoreiche Investment Banking, das risikoreiche Investment Banking sein zu lassen, aber noch sieht man davon wenig bis gar nichts, nein, das Investment Banking boomt mittlerweile wieder in der Deutschen Bank und war wieder der einzig große Gewinnbringer im dritten Quartal, was auch darauf zurückzuführen ist, dass dem Investment Banking ziemlich viel Geld zur Verfügung gestellt wurde. Ich möchte den beiden gar keinen Vorwurf machen, dass Investment Banking ist eben lukrativ, es verlockt unweigerlich mit fetten Gewinnen und so lang keiner mal kurz zwei Milliarde Euro in den Sand setzt wie bei der UBS wird sicherlich auch keiner aus dem Umfeld von Jain und Fitschen auf die Idee kommen, den von ihnen vorgegebenen Weg mit letzter Konsequenz mitzugehen. Außerdem ist nicht mal ein ganzes Jahr, sicherlich auch keine Zeit um eine komplette Bank mit rund 100.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern umzubauen. Aber genau das wirft wieder die Frage nach Ackermann auf, denn es ist sicherlich in gleichem Maße schwierig in weniger als einem Jahr Strukturen zu erschaffen, die ein systematisches Steuerhinterziehen ermöglichen, wie dass, das jetzt der Deutschen Bank zum Verhängnis wird. Was ich damit sagen will? Ich glaube, dass der Geist Ackermanns in der Frankfurter Bankzentrale immer noch spukt und wohl auch noch die nächsten Jahre sein Unwesen treiben wird. Eventuell hat Ackermann auch schon Umsatzsteuern hinterzogen, nachzuweisen ist das freilich schwierig und so gilt natürlich auch für einen Josef Ackermann das Unschuldsprinzip in unserem Rechtsstaat, auch wenn ich sagen würde, dass er seine Strukturen einfach besser beherrscht hat, als dass momentan Jain und Fitschen tun.
Ein Trost, dass nun doch, wie seit gestern bekannt ist, aufgrund von möglichen Falschaussagen im Schadensersatzstreit um den Medienkonzern Kirch, auf kleiner Sparflamme gegen ihn ermittelt werden könnte ist dabei kein Trost. Schließlich würde eine Verurteilung hier keine Steuerhinterziehungen verzeihen oder gar bestrafen und außerdem kann man sich sicher sein, dass genügend seiner Freunde aus der Deutschen Bank ihn decken würden.

Lieber Herr Ackermann, für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie mich tatsächlich hören, bzw. in diesem Fall lesen: Herzlichen Glückwunsch, sie scheinen es wiedermal geschafft zu haben, wiedermal konnten sie sich um ihre Verantwortung drücken! Aber seien sie sich ihrer selbst nicht zu sicher, jeder stolpert irgendwann über seine krummen Machenschaften, oder wie Marc-Uwe Kling jetzt singen würde: „Wir kriegen dich noch dran, denn die Frage ist nicht ob, die Frage ist nur wann. Hörst du mich Josef? Josef Ackermann?“

Anmerkung: Wenn jemand Marc-Uwe Kling und/oder sein Känguru tatsächlich noch nicht kennt, empfehle ich einfach eine kleine Runde durch Youtube, der Mann ist nämlich echt gut! Aber natürlich möchte ich, auch wenn zu Anfang zitiert Josef Ackermann nicht leiblich an den Kragen!


Mittwoch, 19. Dezember 2012

Waffen töten!


 Von Robin Voss

Ich bin gottfroh, dass ich in diesem Teil der ersten Welt geboren wurde. Und nicht in Amerika. Es ist Wahnsinn, dass fast jeder Amerikaner eine Waffe dort besitzt, ich bin froh, dass Deutschland diese Zustände nicht kennt.

Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass wenn das Wort Winnenden fällt wahrscheinlich jeder, der nicht in der Region Stuttgart wohnt, nicht an die beschauliche Kleinstadt im Rems-Murr-Kreis denkt sondern an den Amoklauf in der dortigen Realschule. Auch sollten wir nicht vergessen, dass Robert Steinhäuser 2002 in Erfurt 17 Menschen an seiner alten Schule umbrachte. Amokläufe sind ein Phänomen der vergangenen Jahre, ich verstehe bis heute nicht die Ursachen und Auslöser für solch grauenvolle Taten, aber das Waffengesetz in Deutschland ist sicher noch nicht sicher genug, solange mir Kinder von Waffenbesitzern erklären, dass sie, wenn sie es darauf anlegen würden, an die Waffen der Eltern kommen würden.

Aber mir stößt eines immer und immer wieder auf, nämlich die Leute, die die Amerikaner als Idioten darstellen, weil sie so verliebt in ihre Waffen sind. Ich kann das auch nicht verstehen! Aber ich finde es immer wieder bedenkenswert, wenn Menschen über andere Kulturen schelten. Bitte nicht falsch verstehen: Ich bin kein Freund von Schusswaffen, ganz im Gegenteil. Aber wir, aus Sicht von Europäern, haben andere Lebenseinstellungen als Amerikaner – Gott sei Dank (wir haben auch ein Krankensystem welches im Vergleich zu den Amis solidarisch ist und gute Leistungen erbringt, unser Bildungsniveau ist höher und auch unsere Produkte sind qualitativ hochwertiger (amerikanische Autos sind zum Teil noch auf dem technischen Niveau der 70er Jahre, aber das würde an dieser Stelle zu weit führen)). Ich kann auch nicht verstehen wie man Polygamie gut finden kann, deswegen würde ich mir aber auch noch lange nicht anmaßen z.B. Zulus deswegen zu verurteilen. Die Amerikaner haben eine andere Einstellung zu Waffen, das ist kulturell durch ihre Verfassung gefestigt. Diese sollten sie zwar aus eigenem Interesse ändern (auf 100.000 Einwohner kommen 3,6 Tote durch Schusswaffen – jährlich. Trauriger Maximalwert in einem westlichen Land), aber wir sollten es tunlichst vermeiden uns in die Angelegenheiten und Souveränität anderer Staaten einzumischen.
Aber kommen wir zu dem Punkt den ich viel kranker finde, als die Waffenrechtsdiskussion in den USA: Vor ein paar Tagen erhielt die Europäische Union den Friedensnobelpreis, in Amerika ereignet sich ein Amoklauf, wie er in Perversion, Irrsinnigkeit und Sinnlosigkeit nicht mehr zu überbieten ist und die EU-Kommission und der EU-Rat haben nichts Besseres zu tun als sich öffentlich zur Rüstungsindustrie zu bekennen, denn sie bringe Stabilität, Wirtschaftliches Wachstum und würde viel Forschung betreiben, sie sichert uns eine Vorreiterrolle auf der Welt.

Wenn das erstrebenswert ist, dann bleibe ich lieber schlechtes Beispiel und verzichte auf meine Vorreiterrolle.

Herr Barroso, Herr van Rompuy, kleine Erklärung am Rande: Waffen töten Menschen. Wir, die Friedensnobelpreisträger, sollten nichts bauen was Menschen umbringen könnte. Ich finde, dass das eine Logik ist, der man folgen kann. Andere Industriesparten entwickeln daran dass Menschen NICHT sterben (die Luft- und Raumfahrtindustrie, die Automobilhersteller oder einfach jeder Haushaltsgerätehersteller hat ein Interesse an seiner Kundschaft und versucht sie lange am Leben zu erhalten!), aber EADS, KraussMaffeiWegmann und Thyssen töten Menschen! DAS ist die Perversion!

Wenn ihr das nächste Mal einen Bericht zum Newtown Massacre seht, dann denkt dran: Dem Kind ist es egal ob es von einer Walther Pistole, einem Heckler & Koch Sturmgewehr, von einem Eurocopter, einem KraussMaffeiWegmann Leopard oder sonst was erschossen wird. Waffen töten Menschen – und leider auch Kinder. Und ich glaube, dass durch deutsche Waffen täglich mehr Kinder weltweit sterben als an diesem traurigen Tag in Newtown.

Meine besten Wünsche an Frank Haun, Wulf-Heinz Pflaumer und Franz Wonisch, Andreas Heeschen, Thomas Enders, Volker Kauder, Philip Rösler und Angela Merkel. Mit deren Gewissen könnte ich nicht schlafen.

Sonntag, 16. Dezember 2012

Pazifismus um des Pazifismus willen?

Von Florian Burkhardt

Nun ist es also amtlich. Der Bundestag entsendet 400 Soldaten, zwei komplette Patriot-Luftabwehrstaffeln an die türkisch-syrische Grenze. Dabei beruft sich die Türkei auf den NATO-Bündnisfall und das Bündnis folgt. Wie die Linke und einige weitere Medien warnen, zeichnet sich hier ein neuer Konflikt ab, in den die Bundesrepublik hineingezogen wird.

Nun von einer Einmischung der NATO in den Syrischen Bürgerkrieg kann noch nicht geredet werden. Das Mandat gibt eine direkte Intervention nicht her. Und nach allem, was man so mitbekommt, ist die Motivation der Spitzenpolitiker des Bündnisses auch nicht sonderlich groß in einen weiteren blutigen Konflikt hineingezogen zu werden. Eine schnelle Intervention ist unwahrscheinlich, was auch nur richtig ist, immerhin sollte militärische Gewalt immer nur die ultima ratio sein.

Doch es stellt sich die Frage, ob dieser Punkt nicht erreicht ist?

Immerhin zeichnet die Berichterstattung, sowohl die deutsche als auch die internationale, ein immer schlechteres Bild der Situation in Syrien. Vor allem die Zivilbevölkerung muss unter dem Konflikt leiden, von der Lage der Flüchtlinge ganz zu schweigen. Im Angesicht dieser humanitären Katastrophe bin ich der Ansicht, dass eine militärische Intervention gerechtfertigt ist. Deutschland und die anderen NATO-Staaten sollten sich erneut im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen für eine Resolution starkmachen.

Ich fordere nicht, dass man aufseiten der „Rebellen“ eingreift, wie es in Libyen geschehen ist. Denn die oppositionellen Gruppierungen in Syrien sind noch heterogener, noch differenzierter, noch weniger eine rein demokratische Gruppierung. Man kann bei keiner Bürgerkriegspartei von einer weißen Weste reden, aber die syrische Oppositionellen sind ebenso für Kriegsverbrechen verantwortlich wie die Regierung al-Assad.

Stattdessen würde ich mich persönlich für eine Schutzzone oder ein vergleichbares Konzept einsetzen. Obwohl sie seit dem Massaker von Srebrenica disqualifiziert ist, bleibt sie ein erwägenswertes Konzept, vor allem bei einem Konflikt wie diesem, bei dem keine der Parteien unterstützenswert ist. Denn eine Schutztruppe mit robustem Mandat, die beispielsweise die Grenzregionen in die Türkei und weitere Flüchtlingszentren beschützt, wäre – für den Schutz der Zivilbevölkerung – wohl das beste Interventionskonzept. Allerdings müsste ein solches Vorgehen vom Sicherheitsrat klar abgesegnet werden.

Außerdem müssen die westlichen Staaten aufhören die Opposition mit Waffen zu versorgen, um diese zurück an den Verhandlungstisch zu bewegen. Der Bürgerkrieg muss mit den Mitteln der Diplomatie gelöst werden und den USA bzw. Europa steht maximal eine Vermittlerrolle zu.

Der Westen kann dem, was in Syrien geschieht, nicht länger zusehen. Ethik und Moral gebieten es Zivilisten vor dem Konflikt zu schützen. Unter solchen Umständen ist Pazifismus einzig und allein um des Pazifismus willen, der Gipfel von arrogantem Egoismus, wenn einen diese noble Einstellung daran hindert, denjenigen in Not beizustehen. Wir müssen jetzt die militärische Macht, die wir haben nutzen, um weitere Massaker zu verhindern und die Flüchtlinge zu schützen.

Eine Intervention ist nötig. Nicht um Sicherheit oder Stabilität wiederherzustellen. Sondern um Menschenleben zu retten!

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Demokratie beugen?

Von Florian Burkhardt

Silvio Berlusconi ist zurück. Schon seit Wochen schwebt die Drohung des Cavaliere im Raum und nun hat er es offiziell angekündigt: Er will zum dritten Mal Ministerpräsident Italiens werden, nachdem er vor etwas über einem Jahr von der Kanzlerin und dem damaligen französischen Präsidenten aus dem Amt nun ja ich will es mal „gedrängt“ wurde nennen. Nachdem nun der Technokrat Mario Monti, sein Nachfolger im Amt, sich ziert erneut für den Posten zur Verfügung zu stehen, stellt Berlusconi seine Rückkehr in Aussicht.

Und schon werden Medien und Märkte panisch. Vom Spiegel über die FAZ hin zur Welt berichten darüber, als würde allein die Ankündigung reichen, um Italien, immerhin die viertgrößte Volkswirtschaft Europas, in den Abgrund zu treiben. Nun das mag sein. Rechtfertigt es trotzdem den unterschwelligen Wunsch danach, dass die Kanzlerin ihren Coup vom November letzten Jahres wiederholt? Was damals geschah, war zumindest indirekt die Einmischung in die Souveränität eines Staates und die Beugung seiner demokratischen Strukturen. Und das alles, nur weil einer Gruppe von Regierungschefs die Politik des Ministerpräsidenten nicht gepasst hat. Und weil sie Angst vor den Märkten hatten, die drohten Italiens Wirtschaft gegen die Wand zu fahren.

Man möge mich nicht falsch verstehen, ich verabscheue diesen Mann, seine Politik und erst recht das, was er aus Italien gemacht hat. Aber es ist und bleibt das Recht Berlusconis anzutreten. Es bleibt das Recht der Italiener ihn zu wählen. Und es bleibt das Recht Italiens sich seinen Regierungschef selbst zu bestimmen. Auf diese Weise gegen Berlusconi zu agitieren untergräbt diese Rechte.

Und jetzt kommen wir zum Knackpunkt dieses Artikels. Denn zumindest unterschwellig steuern hier die „Märkte“ den demokratischen Prozess, der – aus Angst vor den Folgen – vor ihnen in die Knie geht. Denn das, was mit Berlusconi geschehen ist und jetzt wieder geschieht ist der Kern, dessen, was Sozialdemokraten mit dem Problem der marktkonforme Demokratie meinen.

Marktkonforme Demokratie. Man lasse sich das auf der Zunge zergehen. Und dann sollte jedem Staatsbürger kalt den Rücken runterlaufen. Marktkonforme Demokratie, das ist neben der Armut, die in den Staaten der europäischen Peripherie entsteht, die größte politische Gefahr, die im Zuge der Krise aufkommt. Es ist das Primat der Politik, das ins Rutschen gekommen ist. Auf dem Spiel steht die Volkssouveränität, die gegen eine Herrschaft der Märkte steht. Das ist eine Entwicklung und eine Perspektive, die jedem Bürger Angst machen sollte. Mir zumindest macht es Angst.

Es gilt deshalb das Ruder herumzureißen. Wir brauchen eine starke Marktregulierung, nicht nur in Europa, sondern global. Wir brauchen gebändigten Kapitalismus, bevor dieses Monster, wie es Horst Köhler einmal nannte, uns verschlingt. Wir brauchen eine Rekapitalisierung der Banken und eine Finanzmarkttransaktionssteuer. Und wir brauchen eine Rückkehr zur Trennung von Investment- und Geschäftsbanken.

Das ist der massivste Unterschied zwischen den linken Parteien dieser Republik – SPD, Grüne und Linke – und den so genannten bürgerlichen Parteien. Was es jedoch mit bürgerlichen Tugenden wie Ordentlichkeit, Fleiß und Bürgersinn zu tun hat, wenn man die Politik, die vor den Märkten buckelt, als „alternativlos“ hinstellt, kann wohl nur die Kanzlerin beantworten. Dem setzen die linken Parteien den ungebrochenen Glauben entgegen, dass der Staat, die Politik und die Demokratie, mächtiger sind und mächtiger bleiben müssen als die Märkte.

Das große Thema im Wahlkampf 2013 wird Gerechtigkeit sein. Das ist offenkundig das Ziel der SPD. Aber wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie ein Schattengebilde, das niemand so recht greifen kann, die Kontrolle über den politischen Prozess gewinnt. Nur wenn wir offen ansprechen und aufdecken, was gerade geschieht, können wir diese Entwicklung umkehren. Das geht aber nur wenn wir diese Regierung abwählen. Die Macht der Märkte muss gebrochen werden, bevor sie die Macht der Demokratie bricht. Sozialdemokraten kämpfen seit 150 Jahren für Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie. Das sollten sie auch jetzt tun.

Dienstag, 11. Dezember 2012

Die Ausfahrt ins 21. Jahrhundert verpasst

Von Florian Burkhardt

Ach ja, die Weihnachtszeit. Man freut sich auf Lebkuchen, Plätzchen und Heiligabend. Was gibt es denn schöneres, als die Zeit vor dem Fest der Liebe und der Familie? Die gute alte klassische Familie, bestehend aus Mama, Papa und zwei Kindern versteht sich. Alles andere würde ja dem Weltbild der CDU widersprechen, wie sie gerade auf ihrem Parteitag in Hannover deutlich gemacht hat. Ein Familienbild aus den 50er Jahren, eine Frauenpolitik, die noch älter ist, und was einen vor allem zur Weißglut treiben kann: Eine Position zu homosexuellen Partnerschaften, bei der Konrad Adenauer vermutlich im Grab rotiert vor Begeisterung.

Man kann sich schon fragen, wie man im 21. Jahrhundert immer noch der Ansicht sein kann, dass Homosexuelle nicht das Recht haben sollten zu heiraten, was für eine Erziehung man genossen haben muss, um fest überzeugt zu sein, dass homosexuelle Partnerschaften nicht gleichberechtigt zu heterosexuellen sein sollten und vor allem, wie man so konservativ sein kann, dass man ernsthaft glaubt, Homosexuelle seien nicht in der Lage Kinder aufzuziehen.

Man traut diesen Menschen zu Kinder zu unterrichten, Menschen von Krankheiten zu heilen, Bundesländer zu regieren und uns im Ausland zu vertreten, aber nicht, dass sie Kinder erziehen können? Viel schlimmer, glauben solche Menschen nicht eigentlich, dass homosexuelle Eltern gefährlich sind für Kinder? Wie sonst könnten Aussagen wie die von Walter Arnold zustande kommen, der meinte, dass die klassische Ehe die „Keimzelle der Gesellschaft“ sei und jede homosexuelle Partnerschaft diese gefährde?

Also kommen wir zum Punkt: Die CDU betreibt eine diskriminierende Politik beim Thema Homosexualität. Sie verweigert einer gewissen gesellschaftlichen Gruppe fundamentale Rechte, nämlich das auf Gleichberechtigung, Familie und Ehe. Grundlage dessen ist, dass die CDU in der Homosexualität etwas Abnormales sieht, was geduldet aber nicht akzeptiert wird. Frei nach dem Motto: „Jeder soll nach seiner Façon glücklich werden, aber bloß nicht erwarten, dass ich ihn dabei unterstütze.“

Damit stellt die CDU eines unter Beweis: Diese Partei ist – allen Tendenzen zur „Sozialdemokratisierung“ unter Merkel zum Trotz – eine ländliche, konservative und vor allem unmoderne Partei, die weder bereit fürs 21. Jahrhundert ist, noch in der Lage die deutsche Gesellschaft angemessen zu repräsentieren. Denn wer sich dagegen stemmt, dass die Gesellschaft eben nicht ausschließlich aus Mama-Papa-Zwei-Kinder-Familien besteht, der hat von den Realitäten in diesem Land keine Ahnung.

Herzlich Willkommen

Pünktlich in der Vorweihnachtszeit gibt es nun ein kleines Geschenk von uns, denn stolz können wir verkünden: Willkommen auf dem offiziellen Blog der Jusos im Kreis Böblingen. Hier bieten wir unseren Mitgliedern die Möglichkeit ihre Meinungen zu tagespolitischen Themen zu äußern. Euch ist die Gelegenheit geboten sich über unsere Ansichten zu informieren und mit uns zu diskutieren, denn Kommentieren ist nicht nur willkommen, sondern erwünscht.

Benannt ist der Blog nach unserer Mitgliederzeitung, dem Rotstift, und er soll uns die Chance geben all jene Themen anzuschneiden, für die in der Printausgabe leider kein Platz ist. Sie finden hier sozialdemokratische Ansichten zu aktuellen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen.

Vermutlich wird sich die Aufmachung im Laufe des kommenden Jahres noch ändern, wenn Ihr also noch Verbesserungsvorschläge habt, dann teilt sie uns mit, wir sind für konstruktive Kritik immer offen. Auch Nichtmitglieder dürfen gerne einen Beitrag verfassen, dann meldet euch einfach per Facebook oder Mail bei uns.

Wir hoffen auf ein gutes Gelingen dieses Projektes und freuen uns auf heiße Diskussionen und gute Beiträge.

Glück auf,
Die Jusos im Kreis Böblingen

Europäische Solidarität in Zeiten der Globalisierung

Von Robin Voss

Heute ist ein großartiger Tag für jeden Einwohner der europäischen Union – wir sind Friedensnobelpreisträger. Erzfeinde wie Frankreich und Deutschland wurden in den letzten Jahrzehnten zu Verbündeten, ja, sogar zu Freunden. Wir haben eine gemeinsame Währung, die trotz aller Krisen stärker und sicherer ist wie manch andere auf dem Weltmarkt bedeutende Währung. Wir haben Reisefreiheit, Arbeitnehmerfreizügigkeit und vorallem – Frieden.

Und doch gibt mir der heutige Tag zu bedenken: 3000 Einwohner der EU können nicht feiern. Opel schließt die Produktion von Fahrzeugen in Bochum. Ich musste hart schlucken, als ich davon hörte, fühle ich doch als Opelaner mit den Kolleginnen und Kollegen mit. Die Streichung von 3000 Stellen bedeutet auch 3000 Schicksale, 3000 Familien in der Erwerbslosigkeit.

Und wie so oft ist es nicht die Belegschaft, die diesen Schritt herbeigeführt hat – die Opel-Belegschaft und ihr Betriebsrat haben mit Lohnzurückhaltung und flexiblen Lösungen sogar versucht dem maroden Automobil-Hersteller vor Ort zu helfen. Es ist ein Missmanagement des Mutterkonzerns, der im Ausland Konkurrenz zu den hauseigenen Marken wie Saturn oder Chevrolet fürchtet (ungeachtet der Tatsache, dass diese Fahrzeuge oft auf Opel-Entwicklungen basieren), denn ein Automobilhersteller kann nur überleben, wenn er Absatzrückgänge auf einem Markt mit einem anderen Markt ausgleichen kann. Da Opel aber eine Marke ist, die nur auf bestimmten Märkten angeboten wird und nicht auf wachstumsstarken wie China (der Absatz in China sichert den anderen deutschen Autobauern momentan die Stückzahlen), so kann Opel den momentan schwachen Automobilmarkt in Südeuropa nicht ausgleichen.

Ich finde, dass dieses Beispiel eindrucksvoll eines zeigt: Wir leben in einer globalisierten Welt, insbesondere der stark exportorientierte Automobilmarkt ist ein gutes Beispiel dafür. Junge Menschen wie ich kennen diese Welt nur so, wir kennen nicht mehr die stark national orientierten Märkte des 20. Jahrhunderts. Um in dieser Welt zu bestehen und stark zu bleiben brauchen wir in Europa eines: Solidarität. Wenn wir nicht in Europa zusammenstehen ergeht es uns wie den Kolleginnen und Kollegen in Bochum, die die Bauernopfer einer zu regional geplanten Unternehmenspolitik sind. In China leben 1,3, in Indien 1,2 Milliarden Menschen. Wir Europäer sind mit 500 Millionen dagegen klein, wir Deutschen als größte Nation innerhalb der EU sind ohne EU weltweit unbedeutend – wir werden in dieser globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts keine Rolle spielen wenn wir wieder auf nationale Ebenen zurückfallen. Ein Scheitern der europäischen Idee wäre ein historischer Fehler und gerade durch den rechten Rand der sogenannten bürgerlichen Parteien sehe ich diese großartige Idee gefährdet.

Ich fühle mit, meine Solidarität geht zu den Kolleginnen und Kollegen in Bochum, meine besten Wünsche für sie. Jetzt liegt es an der Nordrhein-Westfälischen Landesregierung, der Opel Geschäftsführung und der IG Metall vor Ort gute Übergangslösungen für die Beschäftigten zu finden, damit ihnen eine Perspektive geboten werden kann.

P.S. In unserer Garage steht ein waschechter Bochumer. Ich bedaure, dass es wohl unser Letzter sein wird.