Sonntag, 5. Juni 2016

Alkoholverbot während der EM - Muss das sein?

Von Benjamin Fuchs

Die Stadt Böblingen hat ein Verbot des Konsumierens und Mitbringens von branntweinhaltigen Getränken und Behältnissen aus zerbrechlichen Materialien sowie pyrotchechnischen Gegenständen im Bereich der Innenstadt verfügt. Das Verbot soll während der Fußball EM gelten. Hinter dem Juristendeutsch verbirgt sich das Verbot von Glasflaschen und hochprozentigen Getränken.

Das Amtsblatt hat es diese Woche in sich. In den amtlichen Bekanntmachungen, versteckt zwischen Ausschreibungen und Stellenangeboten der Stadt, verbirgt sich die fast zweiseitige Verfügung. Das Amtsblatt ist hier (S.17) zu finden. Das Verbot gilt vom 10.6. bis zum 10.7., also ab nächsten Freitag. Die Stadt hat scheinbar den spätmöglichsten Zeitpunkt zu Bekanntmachung gewählt.

Ob ein solches Verbot rechtlich erlaubt ist soll an dieser Stelle nicht beurteilt werden. Vielmehr soll der Sinn und die Verhältnismäßigkeit des Verbots hinterfragt werden. Ein solches Verbot in räumlich stark eingegrenzten, so genannten “Fanzonen” wäre grundsätzlich auch nichts entgegenzusätzen, jeder Konzert oder Festival Besucher kennt solche Vorschriften. Jedoch bezieht sich dieses Verbot auf die komplette Innenstadt Böblingens. 
Zuvor soll auch klargestellt werden, dass das Verbot von Pyrotechnik begrüßt wird. 

Da die Mehrheit meist zu Bier und Wein greift, betrifft das Verbot der hochprozentligen Getränke eher eine Minderheit. Dennoch sollte ein Verbot, auch wenn es die Handlungsfreiheit weniger einschränkt, eine handfeste Begründung haben. In der Begründung steht, dass ein Verbot des Trinkens und Mitführens von hochprozentigen Getränken in der Innenstadt die Gefahr von gewalttätigen Auseinandersetzungen eindämmt. Der Begründung sind weder Erfahrungen anderer Städte mit einem solchen Verbot angefügt, noch auf Fakten verwiesen. An dieser Stelle lässt sich die Gegenthese aufstellen, dass ein solches Verbot dazu führt, dass die Leute ihren Vodka schnell noch runterkippen bevor sie in die Innenstadt gehen und somit niemanden mit dem Verbot geholfen wurde. Weiterhin kann man sich auch mit Bier und Wein betrinken, was in Plastikflaschen/-bechern weiterhin erlaubt ist. Eine handfeste Begründung?
Wer sich mehr zu der Thematik informieren möchte, dieser Artikel ist ein guter Startpunkt:

Das Verbot von Glasflaschen betrifft hingegen die Mehrheit. In der Begründung heißt es, dass beim Gebrauch von Behältnissen aus zerbrechlichen Materialien [...] zu teilweise schwere Verletztungen kommt und dass das Wegwerfen von Behältnissen aus zerbrechlichen Materialien zu einem gefährlichem Massenphänomen entwickelt hat. Man kann sich also an Glas schneiden und Leute schmeißen ihren Müll überall hin. Ob dies eine ausreichende Begründung für ein Verbot von Glasflaschen ist? Weder die körperliche Unversehrtheit noch den Jugendschutz, wie er weiter als Begründung aufgeführt wird, wird durch das Wegwerfen von Glasflaschen offensichtlich gefährdet. Wieder fehlt ein Verweis auf Fakten.
Auch hierzu gibt es ein interessantes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs:


Allgemein muss sich die Stadt vorwerfen lassen, durch die kurzfristige Umsetzung einen Dialog zu dem Thema unterbinden zu wollen. Der Reichweite des Verbot angemessen wäre zudem eine klare Stellungnahme und ein offensichtlicher Hinweis auf der Titelseite des Amtsblattes oder sogar ein extra Informationsblatt. Gerade in der heutigen Zeit, in der sich die Bürger wieder stärker einbringen möchten und eine Mitbestimmung einfordern, ein falsches Zeichen.