Von Robin Voss
Es wird viel geschrieben zur Zeit, über
Datenklau, Prism und Überwachungsstaat. Über Ed Snowden, über
Bundesinnenminister Friedrich und seine lächerliche Reise nach
Washington, über Angela Merkel und ihre Verschleppungstaktik (das
Sommerinterview vom vergangenen Sonntag sehe ich ebenfalls als
Verschleppung an).
Jakob Augstein hat heute einen guten
Artikel auf Spiegel Online veröffentlicht: Über die grauenvolle Art
und Weise mit der unsere Regierung mit Prism umgeht. Am Ende zieht er
einen Vergleich mit Costa Concordia-Kapitän Scettino und Angela
Merkel. Etwas überspitzt, aber treffend. Die einzige Ministerin, die
ernsthaft empört ist, ist Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Sie
verkörpert Glaubwürdigkeit (und Aufrichtigkeit: Unter Kohl ist sie
bereits als Justiz-Ministerin zurückgetreten, weil sie den großen
Lauschangriff nicht mittragen wollte. Eine aufrichtige Liberale.).
Dummerweise hört ihr kein Mensch zu.
Was mich aber viel mehr Sorgen bereitet
ist der Umgang der Amerikaner mit uns. Spielen wir mal folgendes
Szenario durch:
Die USA sind unser besorgter
Bündnispartner. Sie haben Angst um die deutsche Bevölkerung und
wollen uns vor Terrorangriffen schützen und verstehen einfach nicht,
dass wir uns nicht so gern überwachen lassen. Dann sollten die
Amerikaner schnellstmöglich unsere Regierung über das Ausmaß der
Überwachung informieren um somit Imageschäden von sich zu wenden.
Das andere Szenario ist das mir
momentan wahrscheinlichere: Die USA hat Angst, dass aus Deutschland
so große Gefahr ausgeht, dass die deutschen Geheimdienste und
Behörden nicht mehr damit fertig werden. Das kann berechtigt oder
unberechtigt sein, auf jeden Fall wird es auf Misstrauen fußen.
Misstrauen können wir in Bündnissen nicht gebrauchen.
Jetzt haben wir zwei Möglichkeiten:
Wir steigern die Bespitzelung der eigenen Bevölkerung, unter anderem
auch mit Dingen wie der Vorratsdatenspeicherung, mehr Kameras auf
öffentlichen Plätzen, usw. damit die Amis das nicht mehr tun müssen
und mehr Vertrauen in BND und Verfassungsschutz (ok, der war gut :D)
erhalten. Oder wir steigen den Amis aufs Dach.
Ich wünsche mir eine Regierung die
letzteres tut. In einem Überwachungsstaat zu leben, darauf habe ich
keine Lust. Wer diese Aussage nicht versteht, der sollte einmal „V
wie Vendetta“ anschauen.
Was mich aber zu Tode aufregt ist, dass
die Amerikaner sich ziemlich dumm aufführen. Anstelle sich
öffentlich vielleicht einmal zu entschuldigen unser Grundgesetz
gebrochen zu haben und Prism einzustellen spielen sie die öffentliche
Empörung in Deutschland runter und schieben den Vorwand der
Terrorismusbekämpfung vor. In Amerika sterben mehr Leute im Jahr,
weil sie von der Leiter fallen. Circa 15x so viel wie durch
Terrorismus. Und die Deutschen sind nicht dumm und sie erkennen
diesen Missstand! Wir Deutschen hatten Empathie für unsere Freunde,
die Amerikaner, als am 11. September 2001 ein grauenvoller Anschlag
die Weltpolitik von einem Tag zum anderen auf den Kopf stellte.
Doch als Bush in den Krieg im Irak zog, da fing es an. Wir Deutschen wollten in der Mehrheit diesen
Krieg nicht (und Gott sei Dank haben Gerd Schröder und Joseph
Fischer diesem Krieg eine klare Absage erteilt!). Wir Deutschen
glaubten George W. Bush nicht und wir bekamen traurigerweise Recht –
Hussein hatte keine Massenvernichtungswaffen (Trivia: Der ehem.
Botschafter Joseph C. Wilson wurde 2003 dazu beauftragt nach Niger zu
reisen um festzustellen ob Hussein dort Uran kaufen wollte. Die
Papiere stellten sich als Fälschung heraus. Als Bush in der
Öffentlichkeit die Aussagen Wilsons verdrehte, veröffentlichte
jener unter Pseudonym einen Zeitungsartikel, welcher wiederum die
Wahrheit wiedergab. Daraufhin wurde seine Frau, Valerie Plame, als
CIA-Agentin enttarnt. Unter den damaligen Whistleblowern, die diese
Information an die Presse weiterleiteten um Wilson zu diskreditieren,
war unter anderem auch Dick Cheney. Ich empfehle den Film „Fair
Game“ mit Sean Penn der diese Geschichte erzählt).
Nach der Wahl von Obama erhoffte sich
die ganze Welt einen Wechsel. Doch so viel Sympathie ich für Obama
empfunden habe, muss ich eingestehen: Amerikanische Politik ist nicht
einmal ansatzweise mit europäischer vergleichbar. Obama ist kein
Demokrat europäischer Prägung, Obama steht für dieselbe
Aussenpolitik wie George W. Bush. Obama verspielt sich langsam
deutsche Sympathien, er verspielt deutsche Sympathien für Amerika.
Er fördert aufkeimenden Anti-Amerikanismus in der Bevölkerung. Das
ist Zündstoff für kommende Generationen.
Obama sollte sich dessen bewusst sein:
Ohne einen guten Draht nach Deutschland wird die Rolle der Amerikaner
als Bündnispartner der Europäischen Union schlechter werden – und
die Amis sind auch auf uns angewiesen wie wir auf sie.
Ich will ein
Deutschland mit einem guten Draht über den großen Teich. Ich
wünschte mir, die Amerikaner würden das auch wollen.