Von Robin Voss
Die SPD wird oft
in den Medien stark kritisiert: Unser Kanzlerkandidat sei
unglaubwürdig, sein Kompetenzteam sei reiner Parteiproporz, Steinbrück
habe das verloren, was ihn ausmachte: Seine (selbstsogenannte)
Beinfreiheit. Die SPD wäre verstritten, handlungsunfähig, nicht in der
Lage eine Regierung zu führen.
Diese Aussage halte ich für ausgemachten Blödsinn.
Wir
stehen geschlossen zusammen. Selbst Partei-Linke stehen hinter unserem
Kandidaten. Unser Programm gibt die richtigen Antworten. Diese sind
sogar so gut, dass die CDU sie übernimmt. Darauf kann man stolz sein!
Eigentlich kann man die Christdemokraten nur beglückwünschen, dass sie
Einsicht zeigen. Doch das Original gibt es nur bei uns.
Das
Kompetenzteam ist gut. Mit Karl Lauterbach und Manuela Schwesig hat
Steinbrück eine großartige Wahl getroffen, der Zwist mit dem
Agendakritiker Wiesehügel ist von den Medien ausgedacht. Ich kenne die
SPD nur als die Partei, die über jeden Punkt hart ringt und immer
streitet. Aber an Konferenzparties wird dennoch miteinander ein Bier
getrunken und gelacht. Fair im Umgang miteinander, hart in den Debatten
um Inhalte. So muss das sein.
Ich bin erst seit 1. Oktober 2010
Mitglied der SPD, deswegen sind meine Einschätzungen hier rein
subjektiv. Ich weiss nicht wie die Lage der Partei vor diesem Zeitpunkt
war, dennoch glaube ich aus der jüngsten Parteigeschichte eines
herauslesen zu können: Wenn man sich ansieht, wie die SPD nach
der Wahl"niederlage" 2005 (welche eigentlich eine Wahlniederlage der
Grünen war) sich verhalten hat, dann ist eines ersichtlich: Es war die
Zeit, in der man nach der Ära Schröder nach sich selbst suchen musste.
Das macht den Wechsel der Parteivorsitzenden deutlich (Müntefering,
Platzeck, Beck, wieder Müntefering und schlussendlich Sigmar Gabriel in 5
Jahren), genauso wie bei den Generalsekretären (Müntefering, Scholz,
Benneter, Heil und schlussendlich Nahles in 10 Jahren, davon haben
Scholz und Benneter nicht einmal 2 Jahre durchgehalten).
Oft tut
man in der Regierung Dinge, für die man nicht gewählt wurde: De Gaulle
entlässt Algerien in die Autonomie, Mitterand privatisiert die
französischen Staatsunternehmen, die Grünen unter Bundesaussenminister
Joseph Fischer ziehen in den Krieg (immerhin ist diese Partei aus der
Friedensbewegung entstanden!) und ein sozialdemokratischer Kanzler
reformiert den Sozialstaat hin zu mehr Eigenverantwortung. Und genau
diesen letzten Punkt, den musste die Partei verarbeiten. Doch diese Zeit
ist überwunden.
Meine SPD bekennt sich zur Agenda. Aber sie hat
Baufehler, die nun korrigiert werden müssen: Regulierung der Leih- und
Zeitarbeit, Mindestlohn, Nachbesserungen im Rentenkonzept. Diese
Nachbesserungen gibt es nicht mit der Politikverwaltung um Angela
Merkel. Schwarz-Gelb ist die größte NGO Deutschlands.
Steinbrück
war gestern bei Maybrit Illner. Die wollte ihm erklären, dass er alle
seine alten Standpunkte über den Haufen geworfen hat und nun ein
Programm vertrete, für das er nicht steht. Was ein Blödsinn. Steinbrück
merkte nicht nur einmal an, dass die Darstellung unfair war und auch
wenn das weinerlich klingt: Er hatte Recht! Egal, wie man zur Agenda
steht, eines kann man nicht von der Hand weisen, man muss nachbessern,
und das geht nur mit einer starken Sozialdemokratie, weil wir
selbst kritisch mit dieser Zeit umgegangen sind, die Baufehler im System
erkannt haben und es ändern möchten. Genau das weiss auch Peer
Steinbrück. Was heute richtig ist muss morgen kritisch beäugt werden. In
der Arbeits-, Finanz- und Wirtschaftspolitik gibt es kein schwarz und
kein weiss, kein Richtig, kein Falsch, es gibt viele Graustufen. Jede
Veränderung führt zu Konsequenzen, jede Entscheidung wird zu Positivem
und Negativem führen. Und das Negative gehört ausgemerzt. Das Negative
gehört nachgebessert. Das Negative muss zum Positiven werden.
Unter
Sigmar Gabriel haben wir wieder Stärke gewonnen. Dieser Mann hat mit
Entschlossenheit für Stabilität in der Partei gesorgt. Gabriel ist wohl
der beste Parteivorsitzende den wir seit Hans-Jochen Vogel hatten. Wie
kein anderer arbeitet er für den Erfolg der Sozialdemokratie, wirbt
dafür in der Gesellschaft, vertritt Beschlusslagen, auch wenn sie
unbequem sind (Stichwort Tempolimit).
Jeder, der an der SPD 2013
zweifelt und eventuell Angst davor hat sie zu wählen, eine oft als
verstritten gezeichnete Partei, eine Partei, welcher unterstellt wird,
dass sie nicht hinter ihrem Programm, nicht hinter ihrem Kandidaten
steht, wer Angst hat, diese Partei zu wählen, dem kann ich jede Angst
nehmen: Die Genossin, welche bei Illner offen Kritik an Steinbrück
richtete, diese Dame gehört zu einem kleinen Teil dieser Partei.
Einem ganz kleinem Teil der SPD.
Wir haben wirtschaftlich stark
von der Zeit der Deregulierung profitiert. Es wird Zeit hier
nachzubessern. Ein soziales Deutschland gibt es nur mit einem
sozialdemokratischen Kanzler. Ein soziales Deutschland geht nur mit Peer
Steinbrück.
Freitag, 14. Juni 2013
Donnerstag, 6. Juni 2013
Karlsruher Klatsche
Von Florian Burkhardt
Sollten sich die Richter des
Bundesverfassungsgerichts um Andreas Voßkuhle jemals auf einem CSD
irgendwo in Deutschland blicken lassen, dann ist ziemlich sicher,
dass sie nüchtern und ungefeiert von der Parade nicht mehr
wegkommen. Denn kein deutsches Verfassungsorgan hat seit der
Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes 2001 unter Rot-Grün so
viel für die Rechte der Homosexuellen getan, wie das
Bundesverfassungsgericht.
Heute Morgen haben die Karlsruher
Richter erneut die Politik der Bundesregierung infrage gestellt,
erneut eine Klatsche für die Union, die schon wieder aus Karlsruhe
korrigiert wird. Wie ich zu diesem Beschluss des höchsten deutschen
Gerichtes stehe, dürfte hinreichend bekannt sein, ansonsten empfehle
ich meine anderen Beiträge zu diesem Thema auf diesem Blog.
Stattdessen möchte ich zweierlei an
dieser Stelle anmerken: Zum einen, dass es eine ungeheure
Peinlichkeit für eine Regierung ist, wenn das Verfassungsgericht ihr
wiederholt zu einem Thema vorschreiben muss, was verfassungskonform
und was verfassungswidrig ist. Hätten wir es mit einer anderen
Kanzlerin als Angela „Teflon“ Merkel zu tun, wären Konsequenzen
notwendig. Aber dass sich diese Kanzlerin von Verfassungs- oder
logischen Zwängen in ihrer populistischen Machtpolitik nicht stoppen
lässt, dürfte hinreichend bekannt sein. Inwiefern die
verfassungsmäßige Ordnung durch eine solche Politik untergraben
wird, ist eine andere Frage. Denn eigentlich sollte das
Verfassungsgericht nur Korrektiv nicht quasi Gesetzgeber sein. Es ist
kritisch zu sehen, wenn die Kanzlerin die Judikative zwingt für sie
die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen.
Zweitens gilt es nun für die SPD und
die anderen politischen Parteien ihren Fuß in diese Tür stecken.
Jetzt ist der Zeitpunkt mit diesem Thema richtig Druck zu machen und
die Regierung zu zwingen sich zu offenbaren. Die FDP muss endlich die
Gretchenfrage beantworten, wie ernst es mit ihren Bekenntnissen zu
den Rechten von Homosexuellen ist. Und die Union muss einen
Offenbarungseid leisten: Steht sie noch immer zu einem Familienbild,
das auch aus dem 19ten Jahrhundert stammen könnte? Oder ist sie doch
bereit über den konservativen Tellerrand hinauszublicken und zu
akzeptieren, dass die Mama-Papa-Zwei-Kinder eben nicht das perfekte
Bild ist, an dem sich alle orientieren sollten?
Fakt ist und bleibt das
Bundesverfassungsgericht wird diese Regierung auch nach der
Bundestagswahl weiter zwingen sich der gesellschaftlichen
Wirklichkeit zu stellen. Die Union kann sich als einzige Partei
weiter sträuben oder die Realität anerkennen. Sträubt sie sich, dann wird sich die
Politik dieses Landes eben ohne die zweitgrößte Partei der Republik
ändern. Dafür wird Deutschlands höchstes Gericht schon sorgen. Und
um Klaus Wowereit zu zitieren: Das ist auch gut so.
Montag, 3. Juni 2013
Global Player oder lauter kleine Lichter?
Von Florian Burkhardt
„In fact, we live in a “G-3”
world — one that combines U.S. military power and consumption,
Chinese capital and labor, and European rules and technology.“ -
Mark Leonard
Ich hatte in der vergangenen Woche das
Vergnügen in Stuttgart an einer Model United Nations Konferenz
teilzunehmen. Im Sicherheitsrat konnte ich – meiner Meinung nach
recht erfolgreich – die Positionen und Interessen Großbritanniens
vertreten. Eine Szene ist mir dabei besonders eindrücklich in
Erinnerung geblieben: Der französische Delegierte sprach zum Thema
Somalia davon, dass sich die EU stärker auch mit Personal in Somalia
engagieren sollte. Als Großbritannien, eigentlich einer der engsten
Verbündeten Frankreichs, musste ich dem widersprechen und sagte
sinngemäß: „Großbritannien sieht diesen Punkt deutlich
differenzierter als der Vertreter Frankreichs und wird sich weder an
einer EU-Mission auf dem somalischen Festland beteiligen noch ihr
zustimmen. Frankreich spricht hier nicht im Namen der EU, die EU hat
zu dieser Position keine Meinung.“ Das Thema einer europäischen Mission war damit quasi erledigt.
Diese kurze Episode macht eine der
größten Schwächen, die die EU hat mehr als deutlich: Gleichwohl
sie der größte Wirtschaftsraum der Welt, einer der größten
Entwicklungshilfegeber und eine der schlagkräftigsten
Militärkomplexe der Welt ist, ist sie auf globaler Ebene ein kleines
Licht. Außenpolitisch gesehen spielen die Nationalstaaten, hier vor
allem zu nennen die „großen Drei“ Deutschland, Frankreich und
Großbritannien, eine größere Rolle als die Union als Ganzes. Das
hat verschiedene gute und weniger gute Gründe, ist jedoch zunehmend
fatal. Eine der Hauptthesen dieses Textes soll deshalb sein: In
Zeiten, in denen die BRICS-Staaten global an Einfluss gewinnen, ist
die internationale Handlungsunfähigkeit der Union ein zunehmender
Nachteil. Oder formulieren wir es so: In 15 Jahren kann die EU
global in einer Liga mit China und den USA spielen oder Frankreich,
Großbritannien und Deutschland können kaum mehr als kleine Lichter
auf dem globalen Parkett sein. Geht man zudem davon aus, dass globale
Multipolarität, wie sie gerade entsteht, Kriege und Krisen
begünstigt, dann wird aus dem ersten Szenario ein geopolitisches
Muss.
Zwar ist die EU heute in ihrer
Handlungsfähigkeit nicht so eingeschränkt, wie das auf den ersten
Blick scheinen mag, das jüngste Abkommen zwischen Serbien und dem
Kosovo unter Moderation von Lady Ashton und die knapp 30 zivilen und
militärischen EU-Missionen im Ausland sprechen für sich. Aber die
Gegenbeispiele sind eben deutlich zahlreicher. Hier zu nennen sind
beispielsweise das Abstimmungsverhalten als es um Palästina ging,
die uneinige Haltung zur Situation in Syrien oder das bekannteste
Beispiel: Das Versagen um das Finden einer gemeinsamen Position 2003
bei der Militärintervention im Irak.
Jedoch und da sind wir uns sicher alle
einig, gibt es durchaus noch mehr Raum für eine außen- und
sicherheitspolitisch handlungsfähigere EU, wobei
sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit nicht gleich militärisches
Abenteuertum ist und außenpolitische Handlungsfähigkeit nicht
gleich globale Großmannssucht ist, sondern vielmehr ein logischer
Zwang infolge von Assymmetrierung, Globalisierung und Veränderung.
Mal ganz davon abgesehen wie viel Geld man durch europäische
Streitkräfte, und sei es nur durch „pooling and sharing“ sparen
könnte.
Das sich die Sozialdemokratie in
Deutschland für eine handlungsfähigere Union einsetzen sollte, ist
meiner Ansicht nach Pflicht. Dieser Aspekt tritt durch die
„Euro-Krise“ in den Hintergrund, obwohl jetzt ein wichtiger
Zeitpunkt dafür ist, ehe sich das Globale Spielfeld endgültig
mutlipolar verfestigt. Von daher kann es als ein positives Zeichen
gesehen werden, dass Ende 2013 ein EU-Gipfel zum Thema Außen- und
Sicherheitspolitik stattfinden wird, auch wenn aller Voraussicht nach
maximal einige kleine Schritte vorwärts gemacht werden.
Gerade die deutsche Außenpolitik, die
sich stets als „eingebettet“ in die europäische Außenpolitik
begriffen hat, könnte sich selbst überflüssig machen zugunsten
einer europäischen Außenpolitik, oder wenn man es überspitzt
formulieren will: Will die deutsche Außenpolitik ihrer Tradition
bleiben muss sie sich als Vorreiter definieren. Das ist meiner
Einschätzung nach einer der wichtigsten Schritte hin zu einer
außenpolitisch handlungsfähigeren EU. Dass der Regierung Merkel
hierfür der Mut fehlt ist selbstredend. Das ist aber nur ein
weiterer Stein im Mosaik der Gründe, warum diese Regierung abgewählt
gehört.
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