Montag, 7. Oktober 2013

Die Koalitionsfrage


von Jan Sascha Hambach


Laut Umfragen will jeder Zweite die Große Koalition. Wir, die SPD sind uns unschlüssig. Viele Genossen lehnen sie ab, allerdings gibt es auch eine große Anzahl an Mitgliedern, die sie befürwortet, oder zumindestens nicht kategorisch ausschließen, auch wenn das in den Medien kaum Erwähnung findet. Dort ist nur zu lesen, dass einige aus der Führungsriege mit dieser Option liebäugeln.

Aber reden wir zuerst über die anderen möglichen Koalitionen und kommen dann zurück zur Großen Koalition. Die Möglichkeit der Neuwahl lasse ich außen vor, weil sie mir als die unrealistischste Variante erscheint und dem Land, der Demokratie und auch uns vermutlich mehr schaden, als nützen würde.
Ebenso ist eine Koalition mit CDU/CSU und den Linken nicht diskussionswürdig, weil sie unrealisierbar wäre.

Eine Minderheitsregierung der CDU, toleriert von Grünen und SPD wäre vorstellbar, aber angesichts der politischen Lage in Europa und unserem Grundgesetzt eher schwierig. Denn anders, als in skandinavischen Ländern sieht es unsere „Verfassung“ nicht vor Minderheitsregierungen die Verantwortung zu übertragen.

Eine durch die Linke gestützte Minderheitsregierung von SPD und Grünen wäre wohl eine sehr wackelige Konstruktion, vor allem bei den wenigen Sitzen, die die Parteien links von CDU/CSU mehr im Bundestag haben.

Das ist auch mein Hauptargument gegen eine Rot-Rot-Grüne Bundesregierung. Die Mehrheit ist zu klein. Es dürfte so gut wie keine Abweichler geben und das ist, hauptsächlich in Hinblick auf die West-Linke, ein Problem.
Langfristig muss es hier aber zu einer Lösung kommen, denn vorhandene linke Mehrheiten sollten auch genutzt werden.
Bei dieser Wahl ist allerdings auch kein Wählerwille hinter einer solchen Koalition zu erkennen, sondern höchstens eine rechnerische Mehrheit.

Eine Schwarz-Grüne Bundesregierung ist eine gute Alternative zu einer Großen Koalition.
Die inhaltlichen Differenzen sind überbrückbar, von manchen Landesverbänden (wie z.B. Baden-Württemberg) sogar erwünscht und in der CDU scheinen sich auch immer mehr Entscheidungsträger dafür zu interessieren.
Langfristig könnte uns aber, bei einem Funktionieren einer solchen Koalition, ein strategisch wichtiger Partner abhanden kommen, aber vielleicht bieten sich dann auch andere (Linke, FDP...)?

Zudem würde man dadurch auch die Opposition deutlich stärken, wodurch wir auch eine Verantwortung für das Land übertragen bekämen, was einige Unionspolitiker und Beobachter bisher nicht sehen. Sie wollen eine große Koalition herbeireden und unterstellen uns ein mangelndes Verantwortungsbewusstsein.
Ein wunder Punkt, an dem wir uns, dieses Mal, nicht sofort aufreiben lassen dürfen. Denn die SPD hat auch in der letzten Opposition Verantwortung mitgetragen (Abstimmungen über Europapolitik) und käme dieser wie gesagt auch in der neuen Oppositionsrolle nach. Eine starke Demokratie braucht klare Unterschiede und keine, die Opposition erdrückenden, Mehrheiten, die dem linken und rechten Rand Zulauf bescheren würden.

Eines ist wichtig: Es besteht kein Automatismus für eine Große Koalition, vor allem, wenn andere Koalitionen möglich sind. Und damit zurück zum Anfang.
Im Wahlkampf, der ein klassischer Lagerwahlkampf war, ist eines deutlich geworden: Es bestehen deutliche Unterschiede in der Politik von CDU/CSU und SPD.
Diese Überzeugungen auf einen Nenner zu bringen ist keine leichte Aufgabe, vor allem weil bei CDU/CSU vieles im Ungefähren bleibt, oder einfach behauptet wird, so wie es ist, ist es gut. Die Konservativen haben sich hauptsächlich in Kritik geübt, aber selber eigentlich nichts vorgeschlagen, außer ein „Weiter so“.
Wir haben Ideen und Standpunkte und sind uns auch bewusst, wie wichtig viele unserer Themen sind. Auch die Bevölkerung steht bei vielen dieser Themen hinter uns.

Viele Genossen haben Angst eine Große Koalition, wie zwischen 2005 und 2009, könnte sich wiederholen. Allerdings spricht einiges dagegen eine solche Möglichkeit kategorisch aiszuschließen:

  • es gibt deutlichere Unterschiede in der Programmatik; man könnte also klar erkennen wer was umsetzt
  • Rot-Grün hat eine Bundesratsmehrheit
  • nach einem Scheitern droht aus Unionsperspektive Rot-rot-grün
  • trotz des deutlichen Abstands zwischen Union und SPD, sind CDU/CSU auf uns angewiesen und wissen, dass sie uns nur mit fairen Angeboten in eine Koalition bekommen und dass eine solche nur mit fairer Zusammenarbeit zu halten ist
  • nach der Großen Koalition von 1966 bis 1969 wurde Willy Brandt der erste sozialdemokratische Kanzler Deutschlands
  • aus Fehlern kann man lernen, warum also sollten wir uns nochmal so untergraben lassen wie vor der Wahl 2009?

Wir können auf jeden Fall gespannt sein, wer uns in Zukunft regieren wird und wie die Reaktionen nach den ersten Sondierungsgesprächen sind.

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