Montag, 4. Mai 2015

Europa - stark, friedlich und frei

Von Jan Hambach

Die Zukunft Europas - eine der wohl wichtigsten Fragen unserer Zeit wird auch im Moment wieder heiß diskutiert. Leider steht derzeit der Zwist zwischen dem griechischen Finanzminister Varoufakis und seinem deutschen Amtskollegen Schäuble im Vordergrund. Mit Ruhm bekleckert sich hier keiner der beiden - aber um diesen Streit soll es hier nicht gehen.
Europa ist ein Reizthema, wird aber in unserer Gesellschaft sehr unterschiedlich bewertet. Für viele ist klar: Eine Zukunft in einer globalisierten Welt mit aufstrebenden Schwellenländern und international agierenden Finanzmärkten kann ein kleiner Nationalstaat, wie es selbst Deutschland als bevölkerungsreichstes europäisches Land ist, nicht bestreiten.
Ein markantes Beispiel hierfür ist die Verfolgung von Steuerhinterziehung: Man kann zwar gute nationalstaatliche Regeln und Gesetze haben, das bringt aber nichts, wenn es ein Leichtes ist sein Geld ins nahe gelegene Ausland zu bringen. Aber auch auf anderen Feldern, wie dem Umweltschutz, der Energiepolitik und der Außenpolitik bedarf es europäischer Lösungen.

Es geht nicht darum die eigene Identität aufzugeben, wie viele es befürchten, sonder darum unseren Wohlstand zu sichern. Trotz eines gemeinsamen deutschen Staates gibt es in Bayern weiter Oktoberfest, Weißbier, Weißwurst und in Baden-Württemberg Brezeln, Spätzle, Häuslebauer usw. Ähnlich würde es in einem weiter integrierten Europa aussehen. Die traditionellen Identitäten können sogar förderlich sein für Marketing und Erscheinungsbild, wenn man es gleichzeitig schafft einer modernen Welt offen und tolerant zu begegnen. Die grün-rote, baden-württembergische Landesregierung hat dies eindrucksvoll bewiesen.

Das Hauptargument vieler Konservativer und Nationalisten ist die Unvereinbarkeit von Mentalitäten und Strukturen innerhalb der Europäischen Union. Zum 25. Jahrestag der Wiedervereinigung mag einigen dieses Argument bekannt vorkommen. Viele hielten die ehemalige DDR auch für nicht integrierbar und sahen keine Möglichkeit einer Angleichung. Man kann nicht bestreiten, dass es immer noch Unterschiede gibt, vor allem was Arbeitslosigkeit, Wahlbeteiligung, Lebenskosten, Löhne und Mieten angeht. Wir sind aber auf einem guten Weg, den wir gemeinsam entwickelt und vorangebracht haben.

Um die Lebensstandards in Europa anzugleichen wären gemeinsame Sozialsysteme, Mindestlöhne (am Durchschnittseinkommen bemessen, nicht nominal) und eine einheitliche Wirtschaftsförderung, kurz gesagt eine gemeinsame Wirtschafts- und Sozialpolitik ein wichtiger Schritt.
Eine gemeinsame Außenpolitik ebenso. Wir haben am Beispiel der Sanktionen gegen Russland gesehen, wie stark das Signal ist, das von einem Europa ausgeht, welches mit einer Stimme spricht. Diesen Erfolg sollte man nicht klein reden, man sollte ihn vielmehr unterstreichen.

Denn das große Problem der Europäischen Union ist vor allem ihr Image, ihre Institutionen und ihre Selbstdarstellung. Solange man sich auf die negativen Seiten konzentriert, Probleme in den Vordergrund stellt, streitet, bürokratischen Kleinklein präsentiert und nationalstaatliche Lösungen antreibt überzeugt man nicht mehr Menschen von dem Projekt Europa.

Wir sind der stärkste Wirtschaftsraum der Welt, stärker als die USA, stärker als China. Internationale Partner sind vor allem an Abkommen mit der EU interessiert, wir haben seit 70 Jahren Frieden, eine gemeinsame Währung, Kultur und vieles mehr. Das sind die Punkte die wir kommunizieren müssen, sie vermitteln Überzeugung, Stärke und Willenskraft, nur so gewinnt man auch die Menschen für sich.

Natürlich heißt das nicht, dass wir nicht weiter für mehr Rechte des Europäischen Parlaments und eine demokratisch gewählte Kommission kämpfen müssen, denn auch das würde die Akzeptanz der Europäischen Union erhöhen. Auch heißt es nicht, dass wir die Sparpolitik in der Merkel-Manier weiterführen. Aber gerade deshalb können wir froh sein über überzeugte Europäer, wie Martin Schulz, die tagtäglich für diese Ziele kämpfen. Aber auch Jean-Claude Juncker, zwar Christdemokrat, jedoch deutlich weiter links als Angela Merkel, geht mit seinem Investitionspacket in die richtige Richtung.

Weitere Möglichkeiten für ein vertiefte europäische Integration wären ein Art Finanzausgleich, der regionsbezogen finanzielle und wirtschaftliche Förderung geben könnte. Aber auch die Idee einer Europäischen Armee, wie erst zuletzt wieder diskutiert wäre ein wichtiger Schritt. Die daraus entstehenden Synergieeffekte in Verwaltung und Einkauf würden viel Geld sparen. Entscheiden könnte das Europäische Parlament.

Als erstes wäre also wichtig eine positive Außenwirkung herzustellen, auf die Erfolge zu verweisen, die aktuellen Streitereien zu beenden, die Krisenländer zu stützen und die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Damit würde man auch Draghis Geldpolitik Wirkung verleihen. Danach wäre es an der Zeit die europäische Integration voranzutreiben und Reformen zu diskutieren.


Währenddessen wird auf europäischer Ebene über TTIP, die Ukraine und den IS verhandelt. Keiner kann alleine, zusammen ist man stark

Montag, 26. Januar 2015

Keep calm, zumindest beim Euro


Von Felix Huber
Der Wahl in Griechenland habe ich relativ entspannt entgegen gesehen, zum einen weil schon lange absehbar war, dass das Linksbündnis SYRIZA stärkste Kraft wird und damit regieren wird und zum anderen, weil ich fest damit rechne, dass der Regierungswechsel kaum etwas ändern wird an der Großwetterlage in der europäischen Finanz- und Wirtschaftspolitik.

Alexis Tsipras hat viel angekündigt und schon kurz nach der Wahl „das Ende der Sparpolitik“ ausgerufen, große Worte die eigentlich die großen Finanztempel in London und Frankfurt und die Regierungszentren in Berlin, Brüssel und Paris erbeben lassen müssten und den Verfall des Euros weiter beschleunigen lassen müssten. Doch tatsächlich haben die Worte bisher kaum gezündet. Klar, der DAX und andere Indizes sind heute Morgen erst mal abgerutscht, haben sich aber zur Mittagszeit schon wieder erholt gehabt und der DAX steht mittlerweile sogar leicht im Plus. Und klar, die FinanzministerInnen der Eurozone haben angekündigt sich erst mal zu einer Krisensitzung zu treffen, aber ich gehe auch hier jede Wette ein, dass es am Ende kaum Dinge geben wird, die die bisherige Politik in großem Rahmen korrigieren wird. Vielmehr wird man erst mal etwas in diese Richtung hören: „Europa ist ein Kontinent der Demokratie und natürlich erkennen wir die Entscheidungen in Griechenland, der Brutstätte eben dieser, an und gratulieren Alexis Tsipras zu seiner Wahl.“ Eventuell werden, vielleicht sogar überdeutlich, Warnungen dieser Standardfloskel hinterher geschoben. „Aber er sollte sich seiner Verantwortung gegenüber Europa bewusst sein, ein Entgegenkommen unsererseits wird es nicht geben, über beschlossene Dinge verhandeln wir nicht erneut.“ – irgendwas in diese Richtung. Tsipras seinerseits wird erst mal den Kämpfer geben, nach dem Motto, das werden wir noch sehen. Dem wiederum werden die Mächtigen der Euro-Zone kaum etwas entgegen setzen, weil Sie wissen, dass Tsipras nicht die harte Konfrontation, zur Not mit dem Austritt Griechenlands aus der Eurozone, suchen wird, zumindest nicht in letzter Konsequenz. Denn nach allem was man so von Tsipras hört, ist er kein Anti-Europäer, er ist nicht Gegner des bisherigen europäischen Systems in seiner Gänze, im Gegenteil er will Griechenland in der EU halten. So hat er auch in seinen Wahlkampfauftritten nie EU-Institutionen angegriffen, er hat sich immer nur Personen vorgenommen und dies waren meistens Wolfgang Schäuble und Angela Merkel. Das mögen manche damit begründen, dass Kritik an Personen immer bildlicher ist, als Kritik an Institutionen. Das stimmt wahrscheinlich auch. Ich behaupte aber, dass er das auch getan hat um schon mal drohenden Enttäuschungen zu entgegnen. Und so wird man sich dann irgendwann doch treffen und über verschiedene Dinge sprechen. Das Ergebnis ist aber für mich auch hier vorprogrammiert: Große Änderungen wird es nicht geben. Tsipras wird die Gelegenheit nutzen und ankündigen, dass die Steuern für die griechischen Oligarchen steigen werden und er Steuerschlupflöcher schließen wird. Die Eurozone wird das begrüßen und von guten Verhandlungen reden und evtl. auch die zeitlichen Fristen für verschiedene Kredite und Kreditversprechungen leicht lockern. Und wenn sich Tsipras gut schlägt, wird es vielleicht sogar einen erneuten Mini-Schuldenschnitt geben (über den – davon ist auszugehen – wird eh schon länger gesprochen), wobei penibel darauf geachtet werden wird, dass dieser nicht die öffentlichen Haushalte, sondern nur die restlich-verbliebenen privaten Geldgeber trifft, was übrigens auch ökonomisch sinnvoll ist.

Das war es dann aber auch schon. So weit, so gut, Europa bleibt auf dem richtigen und absolut notwendigen, wenn auch schmerzhaften, Weg, kein Grund sich weiter aufzuregen. – Könnte man meinen…

Eine Sache hat mich dann nach der Griechenlandwahl, überraschend, weil so nicht erwartet, doch schockiert: SYRIZAs Koalitionspartner, ANEL (zu Deutsch: Unabhängige Griechen), eine rechtspopulistische Partei koaliert mit einer sozialistischen Partei. Das ist aus den verschiedensten Gründen und Blickwinkeln verstörend. Vor allem wird es aber spannend zu sehen sein, wie die Politik in Griechenland fernab des Euros aussehen wird. ANEL, so wird immer wieder deutlich, spielt mit antideutschen, antieuropäischen und rassistischen Ressentiments und in diese Richtung darf eine Innenpolitik unter SYRIZA, nach eigenem Selbstverständnis, eigentlich nicht gehen.

Vielleicht wird das auch schon recht schnell zum Stolperstein der Koalition und es muss schon wieder neu gewählt werden, wobei das ein ziemlicher Gau wäre, immerhin treibt politische Instabilität die Wählerinnen und Wähler in der Regel immer weiter in die Arme von Extremisten.

Und das darf, egal wo, nicht passieren.

Bei so einem Szenario könnte ich der nächsten griechischen Wahl auch nicht mehr entspannt entgegen sehen…