Mittwoch, 22. Mai 2013

Alles Gute und auf die nächsten 150!

Von Florian Burkhardt

Die SPD und mit ihr die Sozialdemokratie als Ideologie feiert heute ihren 150sten Geburtstag. Am 23. Mai 1863 gründete sich mit dem ADAV die Vorgängerorganisation dessen, was heute die SPD ist. An diesem besonderen Tag bleibt dem Leser wohl etwas Pathos nicht erspart, wie man das eben an runden Geburtstagen macht.

Vor 150 Jahren sah dieses Land deutlich anders aus, als es das heute tut: Pauperismus, Ausbeutung & politische Unterdrückung prägten die deutschen Länder, die immerhin noch 8 Jahre darauf warten mussten von Bismarck zusammengeschweißt zu werden. In diese Zeit hinein setzten Ferdinand Lasalle und seine Anhänger einen Gedanken, den später vor allem Eduard Bernstein komplettieren sollte. Und zwar erkannten sie zum einen, dass es eine Befreiung der Menschen nur mit breiter Bildung für die Massen geben könne – ein im elitären Deutschland immer noch revolutionärer Gedanke – und dass es bis zur Revolution kein Fehler sein könne die bestehenden Verhältnisse durch Reformen zu ändern. Es war schließlich der bereits erwähnte Eduard Bernstein, der die SPD endgültig zur Reformpartei machen sollte und der eines der sozialdemokratischen Credos prägen sollte: „An Umsturz glaube ich nicht, Gewaltkonflikte politischer Natur stehen auf einem andern Kapitel, und die Revolution der Gesellschaft kann nur durch Reformen, d.h. immer nur partiell durchgeführt werden.“

Es war diese SPD, die sich 1918 an die Spitze einer ungewollten Revolution setzte und Deutschland in die Demokratie führte. Es war diese SPD, die diese Demokratie 1919 gegen Spartakisten und Anarchie und 1933 gegen Nationalsozialismus, Diktatur und Barbarei stemmte. Es war diese SPD, die nach dem Krieg aufstand und mithalf Deutschland wiederaufzubauen, erst in der Konstruktiven Opposition und später in der Regierung. Es war diese SPD, die mit Ostpolitik, Bildungsreform und anderen wichtigen Projekten diese Republik zu dem gemacht hat, was sie heute ist. Und zwar zu einer Republik, in der die Folgen des Kapitalismus nicht mehr zu krassen Pauperismus führen, in der Frauen nicht nur rechtlose Objekte sind und der Menschen frei wählen und ihre Meinung äußern dürfen.

Als Partei hat die SPD dabei durchaus auch Fehler gemacht. Die Kriegskredite 1914, das Scheitern der Regierung Müller 1930, die Haltung zur Westintegration und die Fehler, die bei der Umsetzung der Agenda 2010 begangen wurden. Trotz allen diesen Rückschlägen bleibt jedoch der durchschlagende Erfolg der Sozialdemokratie, als politischem Gedanken, unübersehbar. Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität mögen Werte sein, die aus der SPD gekommen sind und dort immer noch ihre Heimat haben, jedoch haben auch andere Parteien mehr oder weniger glücklich diese Werte in sich aufgenommen. Auch das ist ein Erfolg der SPD.

Für die Zukunft kann man dieser Partei eigentlich nur zweierlei wünschen: Zum einen, dass sie den Mut das zu tun, was sie für richtig hält, weiterhin mutig einzufordern. Seien es Demokratie und Gerechtigkeit oder Frauenquote und Tempo 120. Und zum anderen, dass sie auch in einer Zeit, die immer komplexer wird, die Vision eines friedlichen, demokratischen und gerechten Deutschland in einem geeinten Europa nicht aus den Augen verliert. Den für diese Vision und für all ihre Facetten haben sich in den letzten 150 Jahren Menschen engagiert und starkgemacht. So wie sie es heute noch tun. Damit diese Vision eines Tages Realität wird.


Mittwoch, 8. Mai 2013

Tempolimit - Rationalität oder Bauchgefühl?

Von Robin Voss

Der Stern frägt, Sigmar Gabriel antwortet: Die SPD fordert ein Tempolimit von 120 auf Bundesautobahnen.

Und das im Wahlkampf. Aua.

Tatsächlich ist es so, dass die SPD bereits auf ihrem Bundesparteitag 2007 beschloss, dass ein Tempolimit eingeführt werden soll. Sigmar Gabriel tut also das, was ein guter Parteivorsitzender tun sollte: Er repräsentiert die Beschlusslage der Partei, der er vorsitzt.

Generell spricht vieles für ein Tempolimit: Der Verkehrsfluss wird verbessert, die Verkehrssicherheit auch und es wird Sprit eingespart. Ich muss selber als leidenschaftlicher Autofahrer eingestehen, dass es durchaus zu gefährlichen Situationen kommen kann, wenn man mit hohem Tempo auf der Autobahn fährt und ein langsames Auto oder ein LKW ausschert. Nicht selten kam ich oft in kritische Situationen, führt mich mein Weg zu meinem Studienort über die weitgehend unbegrenzte A81. Und wenn ich spät dran bin (was ich zumindest morgends immer bin) tret ich auch aufs Gas und kriege die Quittung spätestens an der Tankstelle.

Doch weite Teile der Bevölkerung wollen das Tempolimit nicht. Der Grund liegt auf der Hand:
Wir Deutschen sind ein Volk der Autofahrer. Manch Hamburger oder Berliner schüttelt vielleicht den Kopf, aber auch aus Gründen der schlechten ÖPNV-Anbindung in weiten Landesteilen sind viele Menschen auf ein Auto angewiesen. Und vorallem in Baden-Württemberg, mit einer starken Automobilindustrie, ist die Begeisterung für schnelle PKW ungebrochen. Das erkennt man wenn man sich die Produktpalette schwäbischer Automobile anschaut: Bis zu momentan 630PS werden von Fahrzeugherstellern aus BW angeboten. Und ich unterhalte mich nicht selten mit Freunden über ihre Autos, ihre Erfahrungen, auch über Spritverbrauch, aber hauptsächlich über Leistung und Fahrverhalten.

Bei der Frage nach Tempolimits geht es wenig um Vernunft, es geht viel um das Wohlbefinden der Deutschen: Wir wollen kein Tempolimit. Ich kenne nicht wenige Menschen, die eine Wahlentscheidung von genau diesem Thema abhängig machen. Es ist ein sehr emotional geladenes Thema. Wenn ich schon zur Arbeit fahren muss, dann möchte ich auf der Heimfahrt wenigstens Gas geben können, auch wenn es der Stau verhindert. Man will keine Bevormundung. Bei vielen Bereichen kann man es ignorieren, es verdrängen, ob ich nun draußen rauchen muss oder nicht wird hinter dem Lenkrad egal, aber ich will nicht 120 fahren wenn mein Auto die doppelte Geschwindigkeit fahren kann. Das Lebensgefühl Auto macht aus, dass ich einsteigen und sagen kann „Wenn ich will, kann ich jetzt ans Meer fahren. Nach Spanien. Oder Portugal. Und das so schnell wie ich möchte. Ich bin der Herr über die Pferde unter meiner Motorhaube.“. Auch wenn ich nur nach Leonberg zur Arbeit fahren werde.

Ich will hier meine eigene Meinung gar nicht in den Vordergrund rücken, auch ich bin gegen ein Tempolimit. Hier geht es mir darum, dass sich die parlamentarische Demokratie von der Mehrheitsmeinung der Deutschen entfernt. Hier geht es um Vertrauensverlust in den Deutschen Staat.

Wenn jemals dieses Tempolimit zur Debatte im Bundestag kommen sollte, so wünsche ich mir einen Volksentscheid. Dies ist eine Einzelentscheidung, die nichts mit politischen Strömungen zu tun hat, nichts mit der Richtung in der Finanz-, Wirtschafts- oder Bildungspolitik, nicht mit der Zukunft Europas, was die wichtigen Themen dieser Zeit sind, hier geht es um EINE innenpolitische Sachfrage.
Meine Zeit als Pendler ist nebenbei vorbei: Seit heute fahre ich mit dem Zug zur Uni. Die Spritkosten waren mir zu hoch.