Montag, 26. Januar 2015

Keep calm, zumindest beim Euro


Von Felix Huber
Der Wahl in Griechenland habe ich relativ entspannt entgegen gesehen, zum einen weil schon lange absehbar war, dass das Linksbündnis SYRIZA stärkste Kraft wird und damit regieren wird und zum anderen, weil ich fest damit rechne, dass der Regierungswechsel kaum etwas ändern wird an der Großwetterlage in der europäischen Finanz- und Wirtschaftspolitik.

Alexis Tsipras hat viel angekündigt und schon kurz nach der Wahl „das Ende der Sparpolitik“ ausgerufen, große Worte die eigentlich die großen Finanztempel in London und Frankfurt und die Regierungszentren in Berlin, Brüssel und Paris erbeben lassen müssten und den Verfall des Euros weiter beschleunigen lassen müssten. Doch tatsächlich haben die Worte bisher kaum gezündet. Klar, der DAX und andere Indizes sind heute Morgen erst mal abgerutscht, haben sich aber zur Mittagszeit schon wieder erholt gehabt und der DAX steht mittlerweile sogar leicht im Plus. Und klar, die FinanzministerInnen der Eurozone haben angekündigt sich erst mal zu einer Krisensitzung zu treffen, aber ich gehe auch hier jede Wette ein, dass es am Ende kaum Dinge geben wird, die die bisherige Politik in großem Rahmen korrigieren wird. Vielmehr wird man erst mal etwas in diese Richtung hören: „Europa ist ein Kontinent der Demokratie und natürlich erkennen wir die Entscheidungen in Griechenland, der Brutstätte eben dieser, an und gratulieren Alexis Tsipras zu seiner Wahl.“ Eventuell werden, vielleicht sogar überdeutlich, Warnungen dieser Standardfloskel hinterher geschoben. „Aber er sollte sich seiner Verantwortung gegenüber Europa bewusst sein, ein Entgegenkommen unsererseits wird es nicht geben, über beschlossene Dinge verhandeln wir nicht erneut.“ – irgendwas in diese Richtung. Tsipras seinerseits wird erst mal den Kämpfer geben, nach dem Motto, das werden wir noch sehen. Dem wiederum werden die Mächtigen der Euro-Zone kaum etwas entgegen setzen, weil Sie wissen, dass Tsipras nicht die harte Konfrontation, zur Not mit dem Austritt Griechenlands aus der Eurozone, suchen wird, zumindest nicht in letzter Konsequenz. Denn nach allem was man so von Tsipras hört, ist er kein Anti-Europäer, er ist nicht Gegner des bisherigen europäischen Systems in seiner Gänze, im Gegenteil er will Griechenland in der EU halten. So hat er auch in seinen Wahlkampfauftritten nie EU-Institutionen angegriffen, er hat sich immer nur Personen vorgenommen und dies waren meistens Wolfgang Schäuble und Angela Merkel. Das mögen manche damit begründen, dass Kritik an Personen immer bildlicher ist, als Kritik an Institutionen. Das stimmt wahrscheinlich auch. Ich behaupte aber, dass er das auch getan hat um schon mal drohenden Enttäuschungen zu entgegnen. Und so wird man sich dann irgendwann doch treffen und über verschiedene Dinge sprechen. Das Ergebnis ist aber für mich auch hier vorprogrammiert: Große Änderungen wird es nicht geben. Tsipras wird die Gelegenheit nutzen und ankündigen, dass die Steuern für die griechischen Oligarchen steigen werden und er Steuerschlupflöcher schließen wird. Die Eurozone wird das begrüßen und von guten Verhandlungen reden und evtl. auch die zeitlichen Fristen für verschiedene Kredite und Kreditversprechungen leicht lockern. Und wenn sich Tsipras gut schlägt, wird es vielleicht sogar einen erneuten Mini-Schuldenschnitt geben (über den – davon ist auszugehen – wird eh schon länger gesprochen), wobei penibel darauf geachtet werden wird, dass dieser nicht die öffentlichen Haushalte, sondern nur die restlich-verbliebenen privaten Geldgeber trifft, was übrigens auch ökonomisch sinnvoll ist.

Das war es dann aber auch schon. So weit, so gut, Europa bleibt auf dem richtigen und absolut notwendigen, wenn auch schmerzhaften, Weg, kein Grund sich weiter aufzuregen. – Könnte man meinen…

Eine Sache hat mich dann nach der Griechenlandwahl, überraschend, weil so nicht erwartet, doch schockiert: SYRIZAs Koalitionspartner, ANEL (zu Deutsch: Unabhängige Griechen), eine rechtspopulistische Partei koaliert mit einer sozialistischen Partei. Das ist aus den verschiedensten Gründen und Blickwinkeln verstörend. Vor allem wird es aber spannend zu sehen sein, wie die Politik in Griechenland fernab des Euros aussehen wird. ANEL, so wird immer wieder deutlich, spielt mit antideutschen, antieuropäischen und rassistischen Ressentiments und in diese Richtung darf eine Innenpolitik unter SYRIZA, nach eigenem Selbstverständnis, eigentlich nicht gehen.

Vielleicht wird das auch schon recht schnell zum Stolperstein der Koalition und es muss schon wieder neu gewählt werden, wobei das ein ziemlicher Gau wäre, immerhin treibt politische Instabilität die Wählerinnen und Wähler in der Regel immer weiter in die Arme von Extremisten.

Und das darf, egal wo, nicht passieren.

Bei so einem Szenario könnte ich der nächsten griechischen Wahl auch nicht mehr entspannt entgegen sehen…