Donnerstag, 28. Februar 2013

1933 - 2013 "Machtübernahme" Teil II

Von Florian Burkhardt

In der Nacht des 27. Februar brennt der Reichstag in Berlin. Der Täter ist von der Hauspolizei, die im Gebäude nach Brandherden sucht, schnell gefunden: Martinus van der Lubbe, ein 24-jähriger Kommunist aus den Niederlanden, der auf die Frage nach seinem Motiv: „Protest, Protest“, gesagt haben soll.

Der Regierung Hitler-Papen ist schnell klar, was sich hier für eine Gelegenheit bietet. Und so wird aus der Einzeltat der „Beginn eines Kommunistischen Aufstandes“ und ein „Attentat der Kommune.“ Noch in der selben Nacht geht per Funk an die preußischen Polizeibehörden der Befehl Oppositionelle zu verhaften, die mit dem Anschlag in Verbindung gebracht werden. Dass diese Listen schon lange vorbereitet sind, ist ein weiteres Beispiel für die Skrupellosigkeit der Nazis. In den Stunden werden in ganz Berlin und im Freistaat Preußen Hunderte Oppositionelle festgenommen, größtenteils kommunistische Funktionäre, aber auch Pazifisten, Journalisten, Sozialdemokraten und weitere Regimegegner. Einige bekanntere Namen darunter sind der spätere Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky und der Reporter Egon Erwin Kisch. Berthold Brecht entgeht der Verhaftung nur durch den Gang ins Prager Exil.

Am folgenden Morgen ist Berlin schon ein Stückchen mehr in die Diktatur gerutscht: Auf den Straßen patrouillieren Polizisten mit SA und SS. In der Willhelmstraße, wo die meisten Regierungsinstitutionen ihren Sitz hatten, wurde mit schussbereiten Gewehren Wache gestanden, ebenso vor dem Bendlerblock, dem Sitz des Reichswehrministeriums.

Am 28. Februar schließlich ergeht nach Bitten von Reichskanzler Hitler aus dem Reichspräsidentenpalais die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“, die jedoch noch in dieser Zeit den Namen Reichstagsbrandverordnung erhielt. Sie erklärte de facto den Zivilen Notstand – wieder aufgrund der „kommunistischen Gefahr“ - und schränkte massiv die Grundrechte ein. Und aufgrund der ungenauen Formulierung „bis auf weiteres“ sollte die Reichstagsbrandverordnung bis zum Ende des „Dritten Reiches“ in Kraft sein. Sie legte in Paragraph 3 zusätzlich den Keim für die Gleichschaltung der Länder, wie sie in den folgenden Wochen geschehen sollte.

Man muss sich zusätzlich in Erinnerung rufen, dass das Deutsche Reich sich mitten im Wahlkampf befand. Hitler hatte die Auflösung des Reichstags zur Bedingung gemacht und am 5. März sollte gewählt werden. Unter diesen Umständen Wahlkampf zu machen, war vor allem für Sozialdemokraten und Kommunisten lebensgefährlich. So überrascht das Ergebnis dann am Ende doch: Das Zentrum gewinnt dazu, die KPD verliert „nur“ 19 Sitze und die Sozialdemokratie nur 1 Mandat. Hitler hat die angestrebte absolute Mehrheit klar verfehlt. Und so wird es einen weiteren Schritt brauchen um die Diktatur endgültig zu festigen.

Die Tat von Marinus van der Lubbe schlussendlich erregt noch in dieser Zeit den Verdacht der Öffentlichkeit. Der Verdacht die Nazis hätten den Reichstag selbst angezündet, drängte sich quasi auf, so titelte das „Hamburger Echo“ am 28. Februar: „Was steckt dahinter?“ Prompt wurde es für zwei Wochen verboten. Es ist bist heute nicht geklärt wer wirklich hinter dem Brand steckt, das einzige was man ausschließen kann, ist die These der kommunistischen Verschwörung. Aber ob nun Nationalsozialisten oder van der Lubbe das Gebäude angesteckt haben, wird wohl nie wirklich geklärt werden. Ich persönlich gehe von der Einzeltäterschaft aus, ohne irgendetwas relativieren zu wollen. An den Folgen oder der Perfidität der nationalsozialistischen Nutzung der Ereignisse vom 27. Januar ändert das jedoch nichts: Der Reichstagsbrand ist einer der wichtigsten Steine im Fundament der Diktatur.

Mittwoch, 20. Februar 2013

Klarmachen zum ändern!

Von Robin Voss

Die Piraten wollten anders sein. Sie wollten frischen Wind in die Parteienlandschaft und die Parlamente bringen. Die Piraten sind dabei zu scheitern.

Ich habe mich gefreut als die Piraten in Berlin ins Landesparlament eingezogen sind, denn sie haben den größten Teil ihrer Wähler aus ehem. Nichtwählern rekrutiert. Sie haben somit einen Beitrag dazugeleistet, dass unsere parlamentarische Demokratie wieder an Kraft und Legitimation gewinnt, sinken die Wahlbeteiligungen doch seit Jahren konstant.

In den letzten Wochen und Monaten wurde es in der Öffentlichkeit etwas stiller – es wurde nicht mehr so exzessiv über die Internet-Partei berichtet wie noch nach den Wahlerfolgen in Berlin, NRW, im Saarland und Schleswig-Holstein. Doch es brodelt: Im Bundesvorstand herrscht Krieg gegen den politischen Geschäftsführer Johannes Ponader, man spricht von bösen SMS vom Fraktionsvorsitzenden der Berliner Piraten Christopher Lauer gegen Ponader in denen er ihn zum Rücktritt auffordere, man spricht von vorgezogenen Vorstandswahlen vor der Bundestagswahl, da das Klima verhärtet ist und man den ein oder anderen austauschen möchte. Und zum Überfluss trat der Landesvorsitzende der Baden-Württemberger Piraten Lars Pallasch heute vom Amt zurück und aus der Partei aus, nachdem er durchdringen lies, dass er Gewaltandrohungen von Parteimitgliedern erhalten habe – nicht nur gegen ihn, sondern auch gegen seine Frau und beiden Kinder.

Die Piraten wollten anders sein, aber so anders? Ich finde es schade, wenn eine junge Partei, abseits aller inhaltlichen Schwierigkeiten die ich mit den Piraten habe – so war ihre klare Aussprache gegen Rechtsextremismus beim letzten Parteitag viel zu spät -, sich selbst so ins Abseits befördert. Unsere Demokratie lebt davon, dass es möglich ist, dass Menschen sich abseits der etablierten Parteien organisieren können und auch anschließend in der Lage sind in Parlamente einzuziehen. Unser System erlaubt diese Durchlässigkeit, in Amerika oder Großbritannien liegt die Politik in der Hand von 2 respektive 3 Parteien und es hat Jahrzehnte gedauert bis die Liberal Democrats in London ins Unterhaus einziehen konnten.

Doch die Piraten scheinen offensichtlich nicht zu verstehen, wie Politik funktioniert. Ihre Führung wirkt teilweise überfordert, keiner weiss, wofür sie stehen (zumal es auch einzigartig ist, dass ein Bundesvorsitzender einer Partei behauptet, dass man nicht auf jedes politische Thema eine Antwort wissen müsse), sie scheinen mit ihrem basisdemokratischen Konzept überfordert und was für mich das schlimmste ist – ihnen fehlen Werte.

Jede Partei vertritt eigene Werte, welche den Leitfaden für die Politik der Partei bildet. Die SPD vertritt Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – an diesem Leitfaden orientiert sich jeder Sozialdemokrat (manchmal gibt es auch unterschiedliche Auffassungen dieser Werte in Sachfragen, dann wird gestritten, aber jeder trägt diese Werte in sich). Die Piraten haben solche Grundwerte nicht, einzig und allein die Freiheit des bzw. im Internet lassen darauf schließen, dass sie eine liberale Partei sein müssen. Ihr ehem. Vorsitzender Nerz war jahrelang in der CDU in Tübingen aktiv, behauptet eine NPD-Parteimitgliedschaft sei in Ordnung wenn es eine Jugendsünde sei – also eine linke Partei sind sie demnach nicht unbedingt. Die Piraten haben zu viele Strömungen in sich um effektiv Politik machen zu können.

Dennoch hoffe ich, dass die Piraten diese Krise überwinden und sich in die Parteienlandschaft in Deutschland eingliedern können. Warum? Weil ich denke, dass sie frischen Wind in unsere Demokratie bringen. Aber wenn sie so weitermachen wie bisher, so werden wohl ihre Wähler enttäuscht werden – nicht weil sie nicht alles anders machen, sondern vieles aber schlechter.

Klarmachen zum ändern, Herr Schlömer!

Montag, 4. Februar 2013

Klartext

Von Jan Hambach

„Saufen, rauchen und Klartext reden“ - nein, es geht nicht um die inzwischen schon wieder eingestellte Sendung „Roche & Böhmermann“, oder vielleicht doch....?

Welche Politiker sind heute meist beliebt?

Zum Beispiel Angela Merkel, bei ihr stehen kein Inhalte im Vordergrund, sondern vielmehr ihre angeblich unbestechliche, ruhige und unaufgeregte Art.

Viele ihrer Politikkollegen und -kolleginnen sind ihr ähnlicher, als man denkt. Nehmen wir beispielsweise Kristina Schröder, Philipp Rösler oder auch die Genossin Manuela Schwesig.
Ihnen allen, außer Merkel vielleicht, die das schamlos ausnutzt, was sie beliebt macht, ist eigentlich kein Vorwurf zu machen.

Sie alle haben gesehen, was heute passiert, wenn man von der vorgegebenen Bahn abweicht. Guttenberg, Steinbrück, Schavan, Wulff und Co. Abgesehen davon, ob sie nun wirklich einen Fehler begangen haben, oder nicht. Alle sind sie angeeckt; die Medien haben das geschickt ausgenutzt und schon hatte sie für mehrere Tage Schlagzeilen, die ihnen kaum Personal- und Zeitaufwand beschert haben.

Das hieraus resultierende Problem ist klar: Mit einfachem Populismus erreicht man sehr viele Leute und schafft Aufmerksamkeit; leider rücken dadurch diskussionswürdige, inhaltlich komplizierte, und/oder problematische Themen, die oftmals einen höheren Grad an Relevanz besitzen in den Hintergrund. Politik wird dadurch immer personalisierter und wirkt auch abstoßend; denn welcher Bürger möchte sich solch ein theatralisches, inhaltlich entleertes Schauspiel auf Dauer ansehen?

Andererseits muss man auch nach Ursachen suchen. Zum einen ist hier der historische Hintergrund vorheriger Generationen wichtig. Es ist einfach so, dass sich Philipp Rösler, aus alterstechnischen Gründen, nicht während des Naziregimes für Demokratie und Freiheit einsetzten konnte und seine politische Bewährungsprobe nicht schon vor seiner Amtszeit leisen konnte. Viele Politikergenerationen - auch die 68er – hatten diese Möglichkeit.

Ein anderer Grund sind die finanziellen Probleme vieler Verlage. Gedrucktes wird immer weniger gekauft, online wird nichts verlangt, wodurch es immer wichtiger wird Heerscharen von Lesern zu bekommen. Das einfachste Mittel hierfür ist purer Populismus.

Die Frage, die jetzt noch bleibt, ist wie man am besten aus diesem Teufelskreis ausbricht?

Meiner Meinung nach wäre es nötig für Inhalte Geld zu verlangen. So würden die Verlage nicht nur ihre finanzielle Situation aufbessern, sondern könnten, sofern es ihr Anspruch ist, wieder auf Inhalte setzen und so ihrer Verantwortung in unserer demokratischen Gesellschaft gerecht werden.
Ich halte es auch für überzogen zu sagen, dass deswegen Interessierte ausgeschlossen werden würden, da es zu internetfreien Zeiten auch funktionierte und heute online sogar weniger Geld verlangt werden könnte, da die Druckkosten ja entfielen.

Hoffen wir also, dass über kurz oder lang alle großen Verlage diesen Weg einschlagen werden, Populismus wieder weniger zählt und langfristig auch wieder mehr Menschen für Politik begeistert werden können, wenn sie merken, dass außerhalb des Theaters noch sachorientierte Politik betrieben wird.

Wenn dann noch die Politiker und Politikerinnen mitspielen und nicht jedes betretene Fettnäpfchen künstlich aufblasen, haben wir eine echte Chance auf ein besseres Zusammenleben von Menschen, Medien und Politik.

Automatisch würden sich unsere gewählten Volksvertreter auch wieder mehr trauen, einmal aneecken, dafür aber wirklich für etwas stehen und dafür kämpfen.

Dann würde auch ein künstlich herbeigeführter Zusammenbruch der Beliebtheit, wie bei Peer Steinbrück, nicht mehr so einfach möglich sein und Frau Merkel hätte Probleme wahrgenommen zu werden. Ihre Beliebtheit beruht seither auch mehr darauf, dass sie nicht Falsches getan hat. Ob sie aber vieles richtig gemacht hat ist eine andere Frage.

Das Anfangszitat ist übrigens von Marietta Slomka, die sich im Interview mit SPIEGEL ONLINE alte Verhältnisse und mehr Authentizität zurückwünscht.