von Jan Sascha Hambach
Laut
Umfragen will jeder Zweite die Große Koalition. Wir, die SPD sind
uns unschlüssig. Viele Genossen lehnen sie ab, allerdings gibt es
auch eine große Anzahl an Mitgliedern, die sie befürwortet, oder
zumindestens nicht kategorisch ausschließen, auch wenn das in den
Medien kaum Erwähnung findet. Dort ist nur zu lesen, dass einige aus
der Führungsriege mit dieser Option liebäugeln.
Aber
reden wir zuerst über die anderen möglichen Koalitionen und kommen
dann zurück zur Großen Koalition. Die Möglichkeit der Neuwahl
lasse ich außen vor, weil sie mir als die unrealistischste Variante
erscheint und dem Land, der Demokratie und auch uns vermutlich mehr
schaden, als nützen würde.
Ebenso
ist eine Koalition mit CDU/CSU und den Linken nicht
diskussionswürdig, weil sie unrealisierbar wäre.
Eine
Minderheitsregierung der CDU, toleriert von Grünen und SPD wäre
vorstellbar, aber angesichts der politischen Lage in Europa und
unserem Grundgesetzt eher schwierig. Denn anders, als in
skandinavischen Ländern sieht es unsere „Verfassung“ nicht vor
Minderheitsregierungen die Verantwortung zu übertragen.
Eine
durch die Linke gestützte Minderheitsregierung von SPD und Grünen
wäre wohl eine sehr wackelige Konstruktion, vor allem bei den
wenigen Sitzen, die die Parteien links von CDU/CSU mehr im Bundestag
haben.
Das
ist auch mein Hauptargument gegen eine Rot-Rot-Grüne
Bundesregierung. Die Mehrheit ist zu klein. Es dürfte so gut wie
keine Abweichler geben und das ist, hauptsächlich in Hinblick auf
die West-Linke, ein Problem.
Langfristig
muss es hier aber zu einer Lösung kommen, denn vorhandene linke
Mehrheiten sollten auch genutzt werden.
Bei
dieser Wahl ist allerdings auch kein Wählerwille hinter einer
solchen Koalition zu erkennen, sondern höchstens eine rechnerische
Mehrheit.
Eine
Schwarz-Grüne Bundesregierung ist eine gute Alternative zu einer
Großen Koalition.
Die
inhaltlichen Differenzen sind überbrückbar, von manchen
Landesverbänden (wie z.B. Baden-Württemberg) sogar erwünscht und
in der CDU scheinen sich auch immer mehr Entscheidungsträger dafür
zu interessieren.
Langfristig
könnte uns aber, bei einem Funktionieren einer solchen Koalition,
ein strategisch wichtiger Partner abhanden kommen, aber vielleicht
bieten sich dann auch andere (Linke, FDP...)?
Zudem
würde man dadurch auch die Opposition deutlich stärken, wodurch wir
auch eine Verantwortung für das Land übertragen bekämen, was
einige Unionspolitiker und Beobachter bisher nicht sehen. Sie wollen
eine große Koalition herbeireden und unterstellen uns ein mangelndes
Verantwortungsbewusstsein.
Ein
wunder Punkt, an dem wir uns, dieses Mal, nicht sofort aufreiben
lassen dürfen. Denn die SPD hat auch in der letzten Opposition
Verantwortung mitgetragen (Abstimmungen über Europapolitik) und käme
dieser wie gesagt auch in der neuen Oppositionsrolle nach. Eine
starke Demokratie braucht klare Unterschiede und keine, die
Opposition erdrückenden, Mehrheiten, die dem linken und rechten Rand
Zulauf bescheren würden.
Eines
ist wichtig: Es besteht kein Automatismus für eine Große Koalition,
vor allem, wenn andere Koalitionen möglich sind. Und damit zurück
zum Anfang.
Im
Wahlkampf, der ein klassischer Lagerwahlkampf war, ist eines deutlich
geworden: Es bestehen deutliche Unterschiede in der Politik von
CDU/CSU und SPD.
Diese
Überzeugungen auf einen Nenner zu bringen ist keine leichte Aufgabe,
vor allem weil bei CDU/CSU vieles im Ungefähren bleibt, oder einfach
behauptet wird, so wie es ist, ist es gut. Die Konservativen haben
sich hauptsächlich in Kritik geübt, aber selber eigentlich nichts
vorgeschlagen, außer ein „Weiter so“.
Wir
haben Ideen und Standpunkte und sind uns auch bewusst, wie wichtig
viele unserer Themen sind. Auch die Bevölkerung steht bei vielen
dieser Themen hinter uns.
Viele
Genossen haben Angst eine Große Koalition, wie zwischen 2005 und
2009, könnte sich wiederholen. Allerdings spricht einiges dagegen
eine solche Möglichkeit kategorisch aiszuschließen:
- es gibt deutlichere Unterschiede in der Programmatik; man könnte also klar erkennen wer was umsetzt
- Rot-Grün hat eine Bundesratsmehrheit
- nach einem Scheitern droht aus Unionsperspektive Rot-rot-grün
- trotz des deutlichen Abstands zwischen Union und SPD, sind CDU/CSU auf uns angewiesen und wissen, dass sie uns nur mit fairen Angeboten in eine Koalition bekommen und dass eine solche nur mit fairer Zusammenarbeit zu halten ist
- nach der Großen Koalition von 1966 bis 1969 wurde Willy Brandt der erste sozialdemokratische Kanzler Deutschlands
- aus Fehlern kann man lernen, warum also sollten wir uns nochmal so untergraben lassen wie vor der Wahl 2009?
Wir
können auf jeden Fall gespannt sein, wer uns in Zukunft regieren
wird und wie die Reaktionen nach den ersten Sondierungsgesprächen
sind.
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