Von Robin Voss
Nein, diese Überschrift habe ich mir nicht ausgedacht. So
titelte am vergangenen Freitag (6.12.2013) die Südwest Presse auf Seite 3 ihren
Bericht zum Mitgliederentscheid der SPD. Im letzten Absatz wird auch ein 21-jähriger
Vorsitzender eines Juso-Kreisverbandes zitiert. Nämlich meine Wenigkeit.
„Seine Zustimmung gibt Voss vor allem wegen des
arbeitspolitischen Teils. […] „Mir sind lieber vier Jahre der kleinen Schritte,
als vier Jahre Stillstand in der Innenpolitik.““ Eine zugegebenermaßen sehr
pathetische Formulierung.
Die große Koalition war nie, ist nicht und wird nie meine
Wunschkoalition sein. Ich war am Wahltag dagegen, im Prinzip bin ich es immer
noch. Und ja, der Koalitionsvertrag ist nicht der, den Peer Steinbrück mit
Katrin Göring-Eckardt ausgehandelt hätte. Der Koalitionsvertrag mit der CDU ist
auch kein großer Wurf. Er ist oft zu wage, es steht zu viel Prosa darin und
manche Teile sind einfach nicht progressiv genug (oder auch nur ansatzweise
progressiv): Die Energiewende wird ausgebremst, einen Schwenk in der
Europapolitik gibt es auch nicht, die Gesundheitspolitik ist so lala (während
die einseitige Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages einen Schritt zur
Aufkündigung der Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern
entspricht), die Flüchtlingspolitik ist ziemlicher Mist und die Gleichstellung
von eingetragenen Lebenspartnerschaften kommt auch nicht („Fun fact“: Das Wort
„Homosexuell“ kommt kein einziges Mal im Koalitionsvertrag vor – autsch!).
Was in der Südwest Presse von meinem Statement nicht
abgedruckt wurde: Es gibt viele kleine und auch große Dinge, die ohne uns nicht
gekommen wären. Und genau diese Dinge will ich den Menschen nicht vorenthalten.
Die Formulierung „Der Koalitionsvertrag trägt eine
sozialdemokratische Handschrift“ geht mir ehrlich gesagt zu weit, außerdem ist
sie inzwischen ordentlich ausgelutscht und zu oft und zu Recht persifliert
worden. Die Merkel-CDU zementiert den Status quo, setzt keine Impulse, weder
konservative noch progressive, sie tut wenig. Ohne die SPD wäre gar nichts
dabei rumgekommen.
Ausschlaggebend für mich waren im Prinzip schlussendlich 3
Dinge:
1.
Der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn.
Viele stoßen sich daran, dass er zu spät kommt. Richtig. Aber wenn wir den
Koalitionsvertrag ablehnen, dann kommt er wohl so schnell gar nicht. Außerdem
ist die Regelung, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften ihn gemeinsam aushandeln,
in meinen Augen tatsächlich besser, als wenn der Bundestag ihn aushandeln würde.
So wird der Betrag abseits des tages- und parteipolitischen Kuhhandels
austariert („Gesteh mir dieses und jenes Gesetz zu und wir erhöhen nicht“
usw.).
2.
Die Regulierung der Leiharbeit. Maximale
Überlassungsgrenze 18 Monate. Nach 9 Monaten muss der Leiharbeiter mindestens
so viel verdienen, wie sein festangestellter Kollege. Auch mir ist
schleierhaft, warum das erst nach 9 Monaten so sein soll und nicht ab der
ersten Sekunde, aber ohne uns käme auch hier nichts.
3.
Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffes und mehr
Geld für die Pflege. Der Pflegesatz soll um 0,5% erhöht werden, wobei 0,1% für
einen Fonds verwendet werden um weitere Erhöhungen abzumildern. Das klingt erst
einmal negativ (schon wieder mehr Geld zahlen), aber gerade aus der Sicht von
jungen Menschen ist das ein richtiger Schritt. Denn auch wir werden es erleben,
dass unsere Großeltern und Eltern eines Tages pflegebedürftig werden. Und dann
werden auch wir eine gute Pflegepolitik benötigen, die auch Geld bereitstellt.
Und die Pflege ist die Achillessehne der deutschen Gesundheitspolitik, massivst
unterfinanziert und überlastet.
Dies war wahrscheinlich auch nur das Mitgliedervotum
möglich. Sigmar hat den Verhandlungsstandpunkt der SPD gestärkt, in dem er die
Zustimmung auf die weniger kompromissbereite Basis verschoben hat. Auch das
habe ich der SWP gesagt. Deswegen ist Sigmar zu danken.
Ich habe mit Ja gestimmt. Zwar mit Bauchweh, aber mit der
Hoffnung, eine Verbesserung für viele Millionen Menschen in der Bundesrepublik
zu erreichen. Und ich bin selbstbewusst, wenn ich sage, dass die Menschen das
honorieren werden.
Der moralische Anspruch an die SPD war immer ein höherer als
der, an die andere große Volkspartei. Von uns erwartet man tendenziell mehr:
Mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Solidarität, mehr Politik für den so viel
zitierten kleinen Mann und die so viel zitierte kleine Frau. Dem müssen wir
jetzt gerecht werden. Ja zum Koalitionsvertrag.
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