Von Florian Burkhardt
Silvio Berlusconi ist zurück. Schon
seit Wochen schwebt die Drohung des Cavaliere im Raum und nun hat er
es offiziell angekündigt: Er will zum dritten Mal Ministerpräsident
Italiens werden, nachdem er vor etwas über einem Jahr von der
Kanzlerin und dem damaligen französischen Präsidenten aus dem Amt
nun ja ich will es mal „gedrängt“ wurde nennen. Nachdem nun der
Technokrat Mario Monti, sein Nachfolger im Amt, sich ziert erneut für
den Posten zur Verfügung zu stehen, stellt Berlusconi seine Rückkehr
in Aussicht.
Und schon werden Medien und Märkte
panisch. Vom Spiegel über die FAZ hin zur Welt berichten darüber,
als würde allein die Ankündigung reichen, um Italien, immerhin die
viertgrößte Volkswirtschaft Europas, in den Abgrund zu treiben. Nun
das mag sein. Rechtfertigt es trotzdem den unterschwelligen Wunsch
danach, dass die Kanzlerin ihren Coup vom November letzten Jahres
wiederholt? Was damals geschah, war zumindest indirekt die
Einmischung in die Souveränität eines Staates und die Beugung
seiner demokratischen Strukturen. Und das alles, nur weil einer
Gruppe von Regierungschefs die Politik des Ministerpräsidenten nicht
gepasst hat. Und weil sie Angst vor den Märkten hatten, die drohten
Italiens Wirtschaft gegen die Wand zu fahren.
Man möge mich nicht falsch verstehen,
ich verabscheue diesen Mann, seine Politik und erst recht das, was er
aus Italien gemacht hat. Aber es ist und bleibt das Recht Berlusconis
anzutreten. Es bleibt das Recht der Italiener ihn zu wählen. Und es
bleibt das Recht Italiens sich seinen Regierungschef selbst zu
bestimmen. Auf diese Weise gegen Berlusconi zu agitieren untergräbt
diese Rechte.
Und jetzt kommen wir zum Knackpunkt
dieses Artikels. Denn zumindest unterschwellig steuern hier die
„Märkte“ den demokratischen Prozess, der – aus Angst vor den
Folgen – vor ihnen in die Knie geht. Denn das, was mit Berlusconi
geschehen ist und jetzt wieder geschieht ist der Kern, dessen, was
Sozialdemokraten mit dem Problem der marktkonforme Demokratie meinen.
Marktkonforme Demokratie. Man lasse
sich das auf der Zunge zergehen. Und dann sollte jedem Staatsbürger
kalt den Rücken runterlaufen. Marktkonforme Demokratie, das ist
neben der Armut, die in den Staaten der europäischen Peripherie
entsteht, die größte politische Gefahr, die im Zuge der Krise
aufkommt. Es ist das Primat der Politik, das ins Rutschen gekommen
ist. Auf dem Spiel steht die Volkssouveränität, die gegen eine
Herrschaft der Märkte steht. Das ist eine Entwicklung und eine
Perspektive, die jedem Bürger Angst machen sollte. Mir zumindest
macht es Angst.
Es gilt deshalb das Ruder
herumzureißen. Wir brauchen eine starke Marktregulierung, nicht nur
in Europa, sondern global. Wir brauchen gebändigten Kapitalismus,
bevor dieses Monster, wie es Horst Köhler einmal nannte, uns
verschlingt. Wir brauchen eine Rekapitalisierung der Banken und eine
Finanzmarkttransaktionssteuer. Und wir brauchen eine Rückkehr zur
Trennung von Investment- und Geschäftsbanken.
Das ist der massivste Unterschied
zwischen den linken Parteien dieser Republik – SPD, Grüne und
Linke – und den so genannten bürgerlichen Parteien. Was es jedoch
mit bürgerlichen Tugenden wie Ordentlichkeit, Fleiß und Bürgersinn
zu tun hat, wenn man die Politik, die vor den Märkten buckelt, als
„alternativlos“ hinstellt, kann wohl nur die Kanzlerin
beantworten. Dem setzen die linken Parteien den ungebrochenen Glauben entgegen, dass der Staat, die Politik und die Demokratie, mächtiger sind und mächtiger bleiben müssen als die Märkte.
Das große Thema im Wahlkampf 2013 wird
Gerechtigkeit sein. Das ist offenkundig das Ziel der SPD. Aber wir
dürfen nicht tatenlos zusehen, wie ein Schattengebilde, das niemand
so recht greifen kann, die Kontrolle über den politischen Prozess
gewinnt. Nur wenn wir offen ansprechen und aufdecken, was gerade
geschieht, können wir diese Entwicklung umkehren. Das geht aber nur
wenn wir diese Regierung abwählen. Die Macht der Märkte muss
gebrochen werden, bevor sie die Macht der Demokratie bricht.
Sozialdemokraten kämpfen seit 150 Jahren für Freiheit,
Gerechtigkeit und Demokratie. Das sollten sie auch jetzt tun.
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