Montag, 7. Januar 2013

Mit Ecken und Kante, aber bitte nicht sagen, was man denkt?

Von Florian Burkhardt

"Im Übrigen finde ich allerdings, dass manche Debatte über die Bezahlung unserer Abgeordneten bis hin zur Spitze der Bundesregierung sehr schief ist. Nahezu jeder Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen verdient mehr als die Kanzlerin. Abgeordnete des Bundestags arbeiten fast sieben Tage die Woche, durchschnittlich zwölf bis 13 Stunden. Sie sind gemessen an ihrer Leistung nicht überbezahlt. Manche Debatte, die unsere Tugendwächter führen, ist grotesk und schadet dem politischen Engagement."

"Ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin verdient in Deutschland zu wenig - gemessen an der Leistung, die sie oder er erbringen muss und im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten mit weit weniger Verantwortung und viel größerem Gehalt."

Diese 6 Sätze von Peer Steinbrück sind der Stein des Anstoßes der Debatte, die in den letzten Tagen die mediale Landschaft in der Republik dominiert. Ich kann an diesen Aussagen nichts Falsches finden. Mandatsträger verdienen angesichts ihrer Arbeitsleistung nicht so viel, wie man in der freien Wirtschaft verdienen könnte. Das ist ein Fakt. Und die lächerliche Steinbrück-Will-Mehr-Geld-Debatte, die die Medien daraus gemacht haben, findet auf dem untersten Niveau des Boulevard statt.

Nun gibt es also jene, die aus diesen Aussagen einen Fehler herauslesen. Ich sehe darin keinen Fehler, sondern möchte drei Dinge anmerken:

  1. Peer Steinbrück steht zu seiner Meinung. Er sagt, was er denkt, nicht dass was er für möglichst konform hält. Das ist richtig und wichtig, in einem Land, dass seit bald 8 Jahren nichts anderes tut, als möglichst viel zu sagen, was gut ankommt. Das ist für mich der Weg in den Populismus und den braucht unsere Demokratie nicht. Was wir brauchen sind ehrliche Politiker, die bereit sind zu unbequemen Wahrheiten zu stehen und für die Probleme unserer Zeit kompetent Lösungen anbieten. Was wir nicht brauchen, sind Politiker, die die Tagesordnung von der nächsten Landtagswahl abhängig machen und von dem, was im aktuellen Politbarometer an „Volksmeinungen“ herauskam.
    Was wir nicht brauchen, ist Angela Merkel. Was wir brauchen, ist Peer Steinbrück.
  2. Eben jene Menschen, die Politikern gerne pauschal vorwerfen sie seien wie die Kanzlerin, kritisieren nun den Herr Steinbrück als – ich sage es mal salopp – dumm. Seit ich mich für Politik interessiere, höre ich die Forderung nach Politikern mit Ecken und Kanten, Leuten die ihre Meinung sagen und nicht nur, das was gut ankommt. Und nun tut der Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten genau das. Und wird dafür als bestraft? Man muss nicht mal Sozialdemokrat sein, um die Doppelmoral dahinter zu entdecken. Mir ist Peer Steinbrücks Ehrlichkeit lieber, als wenn er verlogen rumgedruckst hätte.
  3. Inhaltliche Debatten sollten in einer Demokratie immer vor personenbezogenen Debatten geführt werden. Ich finde die Thesen von Peer Steinbrück auch diskussionwürdig. Zum Beispiel, ob man im Angesicht grassierender sozialer Ungerechtigkeit wirklich eine Erhöhung des Kanzlergehalts braucht. Oder ob man sich wirklich an den Gehältern in der Freien Wirtschaft orientieren sollte. Aber führen wir solche inhaltliche Diskussionen? Nein wir streiten uns darüber ob Peer Steinbrück ein gieriger Dummkopf ist oder nicht. Ich halte es mit Eleanor Roosevelt: „Great minds discuss ideas; Average minds discuss events; Small minds discuss people.“

Lasst uns diese lächerliche Diskussion beenden und uns endlich dem zuwenden, was eigentlich wichtig ist: In was für einer Welt wollen wir eigentlich leben? Wie wollen wir leben? Und wie können wir das erreichen? Das finde ich dringender als die Meinung des Kanzlerkandidaten der SPD zu seinem zukünftigen Gehalt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen